Kaplan Stiesch an Hans Kreuser, 19. September 1941
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
19. September 1941
Lieber Herr Hans Kreuser!
Empfangen Sie mein herzlichstes Beileid zum Heimgang Ihres Bruders Hubert. Tags bevor Sie Ihre Karte an mich schrieben, war ich bei Ihnen daheim, um mein Beileid auszusprechen und Ihr Herr Vater erzählte mir seine Kriegserlebnisse aus dem Weltkrieg. Da ahnten Sie noch nichts, was Ihre Familie betroffen hat. Einmal gleich zu Anfang dieses Krieges hat Hubert mich besucht mit Joseph zusammen. Ich weisz es noch, als ob es gestern gewesen wäre. Es war ein Winterabend mit viel Schnee und Sturm. Und mehrere Briefe von ihm bewahre ich als kostbares Andenken an ihn auf. Gott schenke ihm die ewige Ruhe. Ich hoffe, dasz wir hier in der Heimat seines Opfers und des Opfers so vieler wert werden.
Als ich kürzlich meinen Bruder in Benrath besuchte, waren in dem Abteil auch einige Soldaten, die nach Afrika fuhren. Alle waren vom Niederrhein aus Kevelaer, Viersen usw. Einer erzählte mir, dasz er Meszdiener gewesen sei und zum Beweise sagte er die Worte des Tantum ergo. Ein anderer hatte ein bewegtes Lebensschicksal. Er war in der Fremdenlegion gewesen und daher wollte man ihn Anfang des Krieges nicht ins Heer einstellen. Aber weil er die Tropenverhältnisse gut kennt, deshalb hat man ihn nun doch genommen. Ich war ordentlich stolz darauf, dasz mich die Soldaten Kamerad anredeten, trotzdem ich doch natürlich die schwarze Uniform trug.
Ich bin mal gespannt, ob ich eines Tages auch dran komme. Kv bin ich ja und ich wundere mich, dasz man mich nicht schon längst geholt hat. Aber der Krieg kann ja unter Umständen noch länger dauern als man das ahnt und vielleicht bin ich noch länger dabei
als man es erwarten sollte.
Ich freu mich, dasz der Joseph jetzt wenigstens vorläufig zu Hause ist und ich ihn in den Abenden der Pfarrjugend sehe. Heute morgen war für Willi Stupp eine Gemeinschaftsmesse in Rochus. Joseph war als einziger von Dreikönigen dabei und wir gingen gemeinsam heim. Er erzählte, dasz er mit Hans Werres Briefe an die jungen Soldaten der Pfarre vervielfältigt und dann den Ring der uns alle verbindet dadurch fester schlieszt.
Am 31 August war hier die Primiz von Pater Karl Breuning SJ vom Rosengarten ein wunderbar harmonischer Tag. Der Karl Heinz Hodes hat Orgel gespielt und das war schön, vor allem abends, während der Pater der Primizsegen an alle erteilte. Er wird am 29. September hier die Michaelspredigt für die Jungen der Pfarre halten. Ich werde ihm sagen, er solle den Primizsegen an alle Soldaten in der Ferne spenden. Mein Onkel, der in Kanada Primiz gehalten hat, hat uns auch seinen Segen über den Ozean weg erteilen müssen.
Viel Freude macht mir die Arbeit mit den Meszdienern. Eine ganz lebendige Gesellschaft ist das mit dem rechten kölschen Übermut. Einmal am ersten Ferientag waren wir im Königsforst und natürlich wurde ein groszes Kriegsspiel gespielt mit Anschleichen, Kriegsgeheul und Rauferei. Für alles soldatische haben sie ein unbegrenztes Interesse. Manchmal lese ich ihnen eine Brief vor, den der Willi Winterscheidt geschrieben hat. Dann sind sie alle mäuschenstill. Willi Winterscheidt hat früher eine Gruppe der Meszdiener geführt und den kennen sie alle gut. Was er sagt, ist ihnen Evangelium.
Nun wünsche ich ihnen alles Gute in Afrika und verspreche, dasz wir immer in unsern Gebeten gerne an Sie alle draussen denken werden.
In steter Verehrung Ihr