Kaplan Stiesch an Theodor Buiting, 26. September 1941
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
26 Sept 1941
Lieber Theo
Da hast Du ja einen ganz dichterischen Brief geschrieben von Deinen Naturerlebnissen da draussen auf den märkischen Seen. Ich hoffe, dasz Du noch viele solch schöner Stunden erleben wirst. Inzwischen kommen ja allerhand Nachrichten aus Ruszland und manch einer der besten unserer jungen Mannschaft aus der Pfarre ist gefallen oder verwundet. Ich lege Dir einmal das Gedenkblatt für unseren Pfarrjugendhelfer zu. Ich habe noch viel mit ihm zusammen gearbeitet. Die Briefe, aus denen hier einige Worte angedruckt sind, sind teils an Jungen, teils an mich gerichtet. Du siehst, dasz es ein Kerl war, der sich über den Glauben seine Gedanken machte und davon zu reden und zu schreiben verstand. Es ist doch merkwürdig, dasz oft grade die besten zuerst fallen müssen. Sie haben oft den gröszten Idealismus und nehmen die schwierigsten Aufgaben auf sich. Für den Jungen hier haben wir eine schöne Gedenkstunde gehalten mit zwei tüchtigen gehämmerten Schalen, in denen Spiritusflammen loderten. – In der letzten Zeit ist hier mit Alarm fast ganz Ruhe. Es heiszt ja in Berlin wäre einiges los gewesen. Im groszen und ganzen aber scheint doch wohl eine Ruhepause eingetreten zu sein. Sonntag bekomme ich übrigens Besuch aus Düsseldorf. Herrn und Frau Dr Sistermanns. Du kennst sie ja sicher noch, die Leute von der Aenheimerstrasse. Weiszt Du noch, wie wir mal abend gegen 12 aus der Anbetungsstunde in Andreas wiederkamen. Da standen wir mit Dr Sistermanns zusammen auf der Strassenbahn.
Was soll ich sonst erzählen. Hier haben wir manches Schöne erlebt. Eine Primiz von einem Jesuitenpater aus Valkenburg. Dann werden wir Montag unsere Michaelsfeier haben. So etwas regt immer neu die schlummernden Kräfte an.
Kennst Du den Pater Justus zufällig, einen Franziskanerpater? Der hat hier eine religiöse Woche für Jungen gehalten. Ich kannte ihn aber schon länger, weil er damals mal Mission in Oberkassel gehalten hat, als mein Bruder dort Kaplan war. Ich wünschte den lerntest Du mal kennen. Der steckt voller Einfälle. Da kommt man aus dem Lachen nicht mehr heraus. Und ernst kann er eben so sein. Im Weltkrieg war er Leutnant bei der Artillerie im Westen und hat all das mitgemacht was man immer in den Kriegsbüchern liest von Verdun, toter Mann, Chemin des Dames und so weiter.
Nun herzlichen Grusz!