Kaplan Stiesch an Josef Meurer, 13. November 1941

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1

13. November 41

Lieber Herr Meurer!

Ihnen einen herzlichen Grusz! Seit Ihrem letzten Urlaub haben wir nichts mehr von einander gehört. Ich habe sehr an Sie gedacht vor allem als beim 1 Gürzenichkonzert Beethovens Es dur Konzert gespielt wurde, diesmal von einem Hamburger Pianisten Ferry Gebhard. Wissen Sie noch, wie wir damals zusammen im Opernhaus waren und wie Kaplan Küpper auch noch dabei war? Die Wege in den verdunkelten Strassenbahnen? Ich höre mir dieses Konzert – glaube ich – nie leid. Damals war die Aufführung noch schöner als jetzt, weil die Akustik besser war. Jedenfalls an dem Platz, wo ich sasz hörte man nicht gut, ganz vorn an der Seite. Man hört hinten viel einheitlicher den Gesamteindruck.

Ich wünschte mir, ich könnte das Konzert einigermassen spielen. Schade dasz diese Sachen so unerreichbar schwer sind. Diesmal war die Familie Kreuser mit da, auch Kaplan Klein und eine Reihe anderer Bekannter. Auch der Kaplan Heuser von Bocklemünd. Der ist ganz jeck versessen auf Bach, Brandenburgisches Konzert Nr 3. Damit wurde der Abend eröffnet. Nach der Pause wurde Bruckner Symphonie Nr 9 in d moll gespielt. Ich habe für solche Werke einfach noch nicht das Verständnis. Manche geraten ja in Extase wenn sie Bruckner hören, ich nicht. Wohl die einfachen Tantum ergos oder so etwas ergreift mich, aber nicht diese Symphonien. Vielleicht wächst einem später auch einmal dafür das Verständnis. Wie geht es Ihnen sonst noch? Haben Sie Gelegenheit zum Musizieren? Und wie ist der Dienst? Immer noch so anstrengend? Und haben Sie etwas zu Lesen? Ich hoffe, dasz es Ihnen gut geht und Sie bald

mal wieder in Urlaub kommen. Mein Schwager hat in der Beziehung mehr Glück. Der ist alle paar Wochen mal ein zwei tage in Urlaub. Es scheint das örtlich verschieden zu sein.

Von den Jungen waren auch einige hier, so der Rudi Conin und der Jochen Soddemann. Rudi Conins Schwester hat geheiratet und es war eine prächtige Hochzeit. Die Bickendorfer hatten etwas zu sehen. An dem Tag war auch von Zimmer ein Sohn in Urlaub, der ist in Norwegen. Er muszte glaube ich 3 Wochen unterwegs sein um 14 Tage hier zubringen zu können.

Unsere Pfarre hatte schon allerhand Verluste. Bisher sind 24 Gefallene aus der Pfarre. Hoffentlich wird die Zahl nicht noch gröszer. Einmal musz es ja schlieszlich wieder Frieden werden. Kennen Sie den Kaplan Fröhlich eigentlich? Ich glaube, nur so flüchtig. Wir verstehen uns gut. Einmal haben wir Halma gespielt. Seine Steine waren die Deutschen, meine die Russen. Die Russen wurden natürlich besiegt.

Die Kinder können jetzt die erste Singmesse neu. Ich freue mich sehr darüber. Das sind sehr schöne Lieder: Wir werfen uns danieder u.a. Heute morgen haben wir sie zum ersten Mal in der Messe gesungen.

Bei der Rosenkranzandacht habe ich wieder fast jeden Abend gespielt. Allmählich hoffe ich das Pedalspiel zu lernen. Tantum ergo spiele ich immer mit Pedal. Die andern Lieder kann ich noch nicht schnell genug mit Pedal spielen. Aber das musz noch werden. Ungünstig ist die niedrige Orgelbank. Ich musz mich immer auf Bücher setzen, damit ich hoch genug bin.

Nun wünsche ich Ihnen alles Gute und verbleibe in Treue      

Ihr