Kaplan Stiesch an Heinz Otto Mundorf, 14. November 1941

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1      

14. November 1941

Lieber Heinz Otto!

Zunächst danke ich für Deine Zeilen. Das glaube ich gern, dasz einem da in der Fremde die alten Lieder ein kostbarer Besitz sein können. Das musz ja ganz feine Stunden geben, wenn Ihr da gemeinsam singt und lest.

Zunächst einmal einige Anschriften

Soldat Ludwig Kreuser 300 37 B
Soldat Rudi Conin L 34 515 LGPA Hamburg 1
Uffz Peter Kux16 217
Soldat Josef Meurer Landesschützenzug 196 Achmer Bez Osnabrück
Gefreiter Anton Commer Feldpost Nr 37 415 C
Gefreiter Werner Niederwipper   17866 B
Gefreiter Heinz SchuL 30 980 LGPA Münster iW
Obergefr J Vianden   23 687
Soldat Jochen Soddemann   L 43 617 LGPA Amsterdam über Bentheim
Gefr E LingohrL 43 029 LGPA Königsberg
O Soldat W Winterscheidt 25 699 F
Kanonier Hubert Gülden 2 s.A.E.A mot 62 Dortmund Westfalendamm
Soldat Hans Kreuser 25 668 E

Nun einiges neue. Mit Jochen Soddemann habe ich auch den Euthanasiefilm ich klage an gesehen. Ich musz gestehen, dasz ich ihn doch nicht so überzeugend fand, wie ich mir das nach den Schilderungen vorgestellt hatte. Vor allem war mir der erste Teil zu überladen mit den medizinischen Experimentiertischen und dem ganzen medizinischen Fachkram, den man als Laie doch nicht versteht. Das soll einen einschüchtern, damit man seinen

gesunden Verstand in die Tasche steckt und die Denkfehler nachher nicht merkt. zB wenn da tatsächlich ein Kind mal idiotisch geworden ist durch die Kunst des Arztes am Leben gehalten, dann ist noch lange nicht gesagt, dasz dasz immer so gehen musz. u.ä. Willi Geurtz wird nächsten Dienstag, wir haben jetzt die Obergruppe auf Dienstag legen müssen, über das Thema sprechen. Und ein Einwand gegen die Euthanasie von Gewicht ist der von Schöllgen in seinem Buch Christliche Tapferkeit in Krankheit und Tod, der sagt, sie zerstöre jedes Vertrauen von Arzt und Patient, weil der Kranke dann ja nicht mehr das uneingeschränkte Vertrauen zum Arzt haben kann, dasz er alle Kräfte einsetzt, ihm das Leben zu erhalten. Der Arzt gerät in die Stellung des Scharfrichters oder Jägers hinein.

Als Jochen zu Besuch war hatten wir einen Christusabend von Josef Kann, als Rudi Conin da war einen Abend über Heinrich Federer von Willi Geurtz. Der letzte Abend war erfreulich gut besucht: 16 Mann der Obergruppe. Ich hielt einen Wallensteinabend und über den 30 jährigen Krieg in beiden Untergruppen. Dann hatten wir einmal einen Gast, einen Herrn aus der Pfarre, der sehr lebenswahr religiöse Erlebnisse aus seinem Leben erzählte. Das hat allen gut gefallen. Dann hatten wir zweimal einen neueingeführten Singeabend für alle die wirkliches Interesse am Singen haben. Peter Haas leitet diesen Kreis und ich hoffe, dasz daraus etwas schönes erblüht. Willi Krautz sprach in seiner Gruppe über Tapferkeit und einmal über Gottes Spuren in der Natur, die wir auf Fahrt entdecken. – Du siehst, augenblicklich wird allerhand getan. Ich wünschte blosz, dasz die Zahlen manchmal gröszer wären. Es ist niederdrückend, wenn man 4-5 Stunden vorbereitet hat und dann 6-7 Mann erscheinen, wo bequem 30 dasein könnten, wenn sie wollten. Nun sei herzlich gegrüszt Dein