Georg Griho an Kaplan Stiesch, 27. November 1941

Lt. G. Griho
L 55 555
Lg Pt Bln

am 27.11.1941

Lieber Rudolf!

Deine freundlichen Zeilen vom 13. erreichten mich schon sehr schnell, ich danke Dir. Schöne Erinnerungen riefen sie wach, an die Schulzeit, die Zeit, die sich einem doch am tiefsten einprägt. Und ich bin überzeugt gerade in unserem Jahrgang, der in großer Geschlossenheit die einprägsamen Stufen des Erwachsenwerdens gemeinsam durchmessen hat, geht es den Meisten, wie mir, dass diese Zeiten besonders deutlich in der Erinnerung wach blieben. Darum hat mich Deine Mitteilung vom Tode von Franz Köpping tief berührt. Er war so ein lieber, fröhlicher Mensch und vor allem so ein gerader, anständiger Charakter. Von unseren Mitschülern sthe ich nur mit Hans-Günther in, zwar unregelmäßigen, aber doch letzthin nicht mehr abgerissenem Briefwechsel. Er ist als Oberarzt bei einer fahrbaren Kiefernstation im Osten, z.Zt. Ukraine. Sein Dienst ist schwer, aber befriedigend, als Helfer

gegen Tod und Elend. – Während meines langen Aufenthaltes im Osten habe ich vergeblich nach Walter Löhrer geforscht. Auch von meinem alten Intimus Lothar Freitag hörte ich seit Kriegsbeginn nichts mehr. Wie klein die Welt ist, habe ich in den letzten 2 Jahren gemerkt, denn oft traf man Bekannte oder stellte doch wenigstens gemeinsame Bekannte fest. Ich selbst bin seit Februar 1940 Soldat, aber immer im Reich, im Westen, in Berlin, nun in Mitteldeutschland. Habe jetzt eine techn. Spezialausbildung und bin in einem Rgt.Stab. – Um noch mal auf den mir übersandten Artikel einzugehen, so ganz stimmt die Überschrift nicht. Denn in den Adern meines Urgroßonkels Friedrich Griho rollte schon eine anständige Portion urwüchsigsten westfälischen und rheinischen Bauernblutes nach dem die Griho’s damals vor 150 Jahren über die Schweiz ins Reich gekommen waren. Er war schon die 5te Generation hier.

Nochmals vielen Dank für Dein Gedenken und herzliche Grüße

Dein alter Kamrad Georg!