Kaplan Stiesch an Jochen Soddemann, 13. Dezember 1941

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1

13.12. 41

Jochen!

Gestern Abend hatten wir eine Adventsstunde in ganz kleinem Kreis zu 9 Mann in der Beichtkapelle. Aber es war fein. Hans Werres las einen Brief von Dir und einen von Werner Niederwipper vor und wir beteten den Text der Feierstunden junger Kirche. Und nachher stahlen wir uns auf die Orgel und Josef Kreuser spielte ein wenig pianissimo. Überhaupt das Stillschweigen, was kann da eine Kraft von ausgehen und eine Besinnung. Manchmal tut es ordentlich gut, daß nicht geredet wird.

Dienstag war der Nikolausabend in großem Kreis, ich schätze immerhin ca 30 Jungen. Herr Engelskirchen hat in inkarniert. Die Verse waren von Josef Werres und mir. Nachher war es leider weniger harmonisch. Wir verteilten Soldatenadressen und jeder sollte einen Weihnachtsgruß schreiben. Karl Egon Klein und (in seinem Gefolge Josef Kann) schlossen sich aus. Das Detail erzähle ich lieber einmal mündlich. Es ist einer schriftlichen Darstellung nicht angemessen.

Am 4 12 bekam ich Bescheid, daß ich mich nach Weihnachten bereit halten solle, Sanitäter zu werden. Ich freu mich darauf, wiewohl ich mir die Sache nicht bequem vorstelle. Aber ich glaube, daß Jugendseelsorge und Seelsorge für junge Männer am besten erfüllt werden kann, die das gleiche Schicksal getragen haben wie sie selber.

Augehblikklich häuft sich hier etwas die Arbeit. Der Nikolausfchaad mit seinen 5oo Versen für 5o Meszdiener und 3o Jungen erforderte eine immense Zeit der Vorbereitung. Und Weihnachten wollte ich mit den Kindern ein anspruchsloses Krippen spiel spielen. Leider ist es nicht so echt wie die Bubenweihnacht

von Heinen, die wir voriges Jahr hatten. Es ist ja unglaublich schwer überhaupt einen Text zu bekommen.

Rudi Coninist jetzt in Dresden Seine Adresse: L 34 515 Lg. P. A. Dresden. Er schrieb ein sehr ansprechendes Erlebnis von einem Einflieger, d h einem Flieger, der die nennen Maschinen ausprobieren und zum ersten Mal in.die-Luft bringt, ein sehr gefärhliches iiesohaft. Dieser betete entblössten Hauptes, bevor er den Flug antrat und verschaffte sich nicht etwa Spott, sonfern den, Respekt seiner Kameraden.

Nun: sei herzlich gegrüßt demnächst also mit vollwertig kameradschaftlichem Gruß