Kaplan Stiesch an Rudi Conin, 13. dezember 1941
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
13.12. 41
Lieber Rudi!
Sei herzlich für Deinen schönen Brief von dem Einfliegen bedankt. Ich habe ihn schon oftmals vorgelesen, bei den Jungen, den Meszdienern und in den Seelsorgstunden bei den Kindern und alle waren erstaunt und erfreut, dasz es solches Glaubensbekenntnis immer noch gibt. Hoffentlich mehren sich die Beispiele solchen Geistes unter uns. – Vor einigen Tagen wurde ich zum Wehrkreiskommando bestellt und mit vir bekamen etwa 20 Kapläne die Mitteilung, dasz wir wohl unmittelbar nach Weihnachten als Sanitäter wohl eingezogen werden. Ich freue mich darauf, wenn ich mir die Sache natürlich auch nicht bequem geschweige denn rosig ausmale. Aber ich glaube, dasz nach dem Kriege nur der den rechten Ton zu den jungen Männern finden wird, der selbst das mitgetragen hat, was diese haben tragen müssen. Und in diesem Sinne begrüsse ich es, wenn es nun herausgeht. Dann darf ich auch Dir mit recht „kameradschaftliche“ Grüsse schicken und ich hoffe, dasz Du sie dann auch in dieser Form erwiderst! Das wird also mein „Stellungswechsel“ in Kürze werden. Herr Meurer, der Küster=Organist schrieb mir dieser Tage, dasz er Weihnachten vielleicht in Urlaub hier sein wird, dasz er damit rechnet, nach Afrika zu kommen, und Hans Kreuser, der in Afrika ist schrieb mir, dasz er schon 3 Wochen lang an der Ruhr daniederkriegt. Hoffentlich erhält er bald die Gesundtheit wiedergeschenkt. Diese tropischen Erkrankungen können sehr bösartig werden und sind manchmal lebensgefährlich. Nikolaus war recht schön, hat auch tüchtig Vorarbeit gekostet. Für 50 Meszdiener und 30 Jungen je 6 Verse herstellen ergibt cca 500 Verse. Und das war Arbeit genug. Bei den Meszdienern hat Pfarrer Leuchtenberg den Nikolaus gemacht.
Bei den Jungen der Herr Engelskirchen vom Grünen Brunnenweg. Einige Verse, die Hans Werres und ich zusammen machten zur Probe
Willi Geurtz:
Redest gern von groszen Themen
Wissenschaftlichen Problemen
Kommst dann leicht ins Uferlose
Merke dir das: liebe Hose.
Peter Haas du bist sehr treu
Stets kommst du aus Köln herbei
Heute Abend kam zu spät
Josef Kreuser wie ihr seht (ist auch programmmässig eingetroffen)
Hans Wild komm ran du kleiner Wicht
Man kennt dich ohne Hubert nicht
Wie er sich räustert und wie er spuckt
Du hasts ihm glücklich abgeguckt
Alfons Geurtz
Kommst auf deinen Bruder schon
Denn so ist die Erbfunktion
Und der schönste von den Meszdienerversen:
Kurtchen Schmittem ist nru brav
Wenn er liegt in tiefem Schlaf
Sonst er zappelt schreit und tobt
Keiner ihn deshalb wohl lobt
Soll Knecht Rupprecht ganz verstohlen
Dir den Hintern mal versohlen?
Den letzten Vers hat sich der Hubert Taxacher ausgedacht, der mit dem Josef Werres zusammen tüchtig gearbeitet hat. Hat er Dir nicht mal einen Brief geschrieben. Ich halte ihn für einen der begabtesten unter dem Nachwuchs der Schar.
Und jetzt bereite ich mit den kleineren Meszdienern ein Krippenspiel vor. Jedes Jahr habe ich eines gespielt. Leider ist das von diesem Jahr nicht so jungentümlich wie die Bubenweihnacht vom vorigen Jahr. Es ist ausserordentlich schwer überhaupt einen Text zu bekommen. Die Buchläden sind ja fasz leer bekauft und die Buchhändler betrachten jeden Kunden als ihren persönlichen Feind.
Nun wünsche ich Dir ein recht begnadetes Weihnachtsfest denn ich kann nicht versprechen, bis dahin noch mal zu schreiben, weil die Arbeit sich etwas ungemütlich drängt. Ich habe einen Freund der sagt so ungefähr, der schönste Beruf taugt nicht wenn er in Arbeit ausartet.
Herzlichst