Kaplan Stiesch an Hans Klein, 15. Dezember 1941

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1

15.12.41

Lieber Hans Klein!

Dir einen herzlichen Weihnachtsgrusz und Wunsch im Voraus. Was macht dann die Verwundung? Hoffentlich ist alles gut geheilt. Kürzlich bekam ich Bescheid, dasz ich unmittelbar nach Weihnachten auch wahrscheinlich als Sanitäter eingezogen würde. Ich freue mich darauf, dadurch in Wahrheit zu erleben, was so viele der jungen Generation jetzt zu tragen haben, wenn ich mir die Sache natürlich auch nicht bequem, geschweige denn rosig vorstelle.

Nikolaus und Weihnachten hat hier viel an Arbeitszeit beansprucht. Für die 80 Jungen und Meszdiener je 6 Verse herstellen das erforderte einen ordentlichen Streifen Zeit, hat aber auch viel Freude gemacht. Und für Weihnachten probe ich mit den Meszdienern ein Krippenspiel. Bin mal gespannt, wie das wird. Man hat dabei die Sorgen des Regisseurs im Kleinen. Und alles musz klappen.

Den Nikolaus hat bei den Jungmännern der Herr Engelskirch gemacht, der Dir ja nicht unbekannt sein dürfte, durch Ritas Freundschaft mit Deiner Braut. Und sonst ist hier alles in Ordnung. Hans Kreuser schrieb, dasz er in Afrika an Ruhr erkrankt ist. Hoffentlich hat er es bald überwunden. Die Tropenkrankheiten können bösartig werden. Und Ludwig Kreuser liegt in Ruszland an den vordersten Linien im Dreck. Hoffentlich übersteht er es gut. Ein schönes Beispiel von Mut erzählte Rudi Conin in einem Bericht über einen Einflieger, dh einen Piloten, der eine neue Maschine zum ersten Mal in die Luft bringt, ein sehr gefährliches Experiment. Er betete vor jedem Flug kurz, und errang sich dadurch nicht den Spott sondern die Hochachtung seiner Kameraden. Solche Kerle findet man selten.

Mit bestem Grusz Dein