Rudi Conin an Kaplan Stiesch, 27. Dezember 1941
27.12.41
Hochwürden!
Meinen herzlichen Dank für die beiden letzten Briefe. Ich hoffe ja, dass dies nicht der letzte Brief ist, den ich an Sie nach Bickendorf senden kann.
Es ist zwar so, wie Sie selbst schreiben, dass der später nur den rechten Ton und damit den rechten Weg finden wird, der selbst unter den Kerlen und Männern draußen gestanden hat. Ich kann verstehen wie sehr Sie sich darauf freuen, aber ehrlich gesagt, ich wünschte lieber Sie, Hochwürden, blieben den Kerlen erhalten. Ich selbst weiß, wie schwer es ist, ohne geistlichen Führer arbeiten zu müssen. Gerade in der heutigen Zeit ist der geistliche Führer unentbehrlich. Die Kerle, die heute in der Schar stehen, sind doch, so jung sie auch sind, die Träger der Arbeit in der Heimat. Von Ihnen hängt, trotz der jungen Jahren [Jahre] der Erfolg unserer Arbeit in der Vergangenheit und in der Zukunft ab.
Wir standen schon einmal alleine ohne geistlichen Führer. Da, war es Willi Stupp, der die Sache und die Arbeit in der Hauptsache trug. Ihm zur Seite standen eine ganze Reihe älterer Kerle, die heute auch alle eingezogen sind. Wenn unsere Arbeit aber jetzt unterbrochen wird, so war die ganze Arbeit bisher fast umsonst und nach dem Krieg wird dies gar nicht mehr nachzuholen sein.
Hochwürden! Aus den Briefen der Kerle und auch der Messdiener entnehme ich immer wieder, wie stark die Verbindung zwischen Ihnen und den kerlen ist. Ich glaube und das entnehme ich besonders Ihrem letzten Brief, dass Sie gerade wie wir alle nur recht schwer dann scheiden können und
ich hoffe auch, dass Sie noch nicht fort sind.
Inzwischen haben wir nun ein neues großes Erlebnis mitgemacht. Weihnachten 1941 war für mich tatsächlich ein feines Erlebnis. Wie ich es mir ungefähr gedacht hatte, ganz in unserem Stil, habe ich diesmal mit 6 Kameraden das Fest des Lichtes gefeiert. Unvergeßlich wird mir dieses Weihnachten sein. Ich kann nur hoffen, dass Sie daheim auch so fein, und vor allem ungestört, Weihnachten feiern konnten.
Eigentlich weiß ich nun schon nichts mehr zu schreiben. Die Zeit lässt auch nicht mehr zu, denn vor mir liegen noch ca 20 Weihnachtsbriefe, die alle beantwortet werden müssen. So schließe ich denn mit den besten Wünschen für das kommende Jahr. Möge der Herr Ihre Arbeit in der Pfarre und an den Kerlen segnen und fördern.
Rudi