Otto Mundorf an Kaplan Stiesch, 18. Januar 1942

18. Jan. 1942

Sehr geehrter Herr Kpl.

Einen recht frohen Gruß und meinen Dank für Ihren Brief.

Über die Nikolausfeier und später auch über die Weihnachtsfeier hörte ich von Jos. Müller. Beide Feiern hatten ihm nicht gefallen. Bei der einen wäre der Nikolaus und dessen Ferse lächerlich gewesen, bei der Weihnachtsfeier hätte man wenig von Weihnachten gemerkt. Ich schrieb Hans Werres schon darüber. Ich weiß nicht wie die Feier war, aber es freut mich einerseits, daß die Jungen von sich aus kritisieren, es ist, wenn man es so sehen will, ein Zeichen für Interesse, anderseits ist es schade, daß den Jungen gerade diese Feiern nicht gefallen haben. Weiter schrieb mir Jos., dass ihre Heimabende so oft ausfallen würden. Wie wir Hans schrieb, geschieht dies auf Wunsch des Herrn Pfarrers. Er hat vielleicht gute Gründe dazu. Aber für die Gruppe selber ist es schädlich, besonders, da sie keinen Führer hat, der wenigstens in der Freizeit und an Sonntagen die Kerle zusammen holen kann und mit ihnen etwas unternimmt, wofür sie Interesse haben, denn die Jungen brauchen diesen Halt. Aber genug davon. Hans wird Ihnen sicher schon davon erzählt haben. Ich hatte ihm übrigens Jos. Müller und Hubert Tarzacher vorgeschlagen

sie damit zu beauftragen, die Jungen zusammen zu halten. Sie werden es bestimmt können, wenn sie auch die Hilfe eines Älteren brauchen.

Ich befinde mich nun in der Ausbildung zum Bordfunker. Leider sind es 6-8 Monate. Eine sehr lange Zeit. Aber dafür werden wir später entschädigt. Die Ausbildung selber verlangt viel lernen. Fast den ganzen Tag sitzen wir in den Unterrichtsräumen und abends machen wir dann unsere Ausarbeitungen. So haben wir sehr wenig Freizeit.

Weihnachten feierten wir still im Kreise der studen. Kameradschaft. Das eigentliche Weihnachtsfest war für uns das Fest der unschuldigen Kinder. Nachmittag las uns der Klosterkapl. aus Lüneburg in 1 kleinen Hauskapl., die in einem sehr feinen Stil aufgemacht ist. Wir waren zu 14 Soldaten. 2 dienten in Uniform. Vor der hl. Messe sprach ich kurz über die Gemeinschaftsmesse, dann über die Liturgie des Festes. Die Messe begann, laut und fest klangen unsere Gebete. Der Priester sprach zu uns von Weihnachten. Kurz und soldatisch waren seine Worte. Bei der hl. Kommunion empfingen wir geschlossen den Leib des Herrn. Nach der hl. Messe hielten wir eine kurze Sakramentsandacht. Als wir nachher in den Abend hinein durch den dicht fallenden Schnee unsere 8 km nach Hause gingen, waren wir alle froh. Dieser Nachmittag war uns zum Erlebnis geworden.

Für heute muß ich schließen. Ihnen und den Jungen ein froher Gruß.

Otto