„Willi“ an Kaplan Stiesch, 13. Februar 1942
D’dorf, den 13.2.42.
Lieber Herr Kaplan!
Herzlichen Dank für Ihren schönen und interessanten Brief. Ich sehe jetzt schon mit ganz anderen Augen in die Zukunft. „Hier stehe ich! Ich bin bereit!“ Ich glaube auch, diese Haltung ist für einen katholischen Jungen das einzig richtige. Gewiß fällt es oft schwer, sich zu dieser Haltung aufzuraffen. Aber der ringende Heiland vom Ölberg ist uns hier wirklich Vorbild und Kraftquelle. –
Ich spüre hier oft ein richtiges Verlangen, noch einmal unter der Jungmannschaft St. Dreikönigens sitzen zu dürfen, um einen Heimabend zu erleben. Wieviel Kraft und wie viel Schönes lag doch meist in einem solchen Heimabend. Das fehlt ja hier nun gänzlich. –
Am Sonntag haben wir unseren ersten geschlossenen Kirchgang. Ungefähr 20 Mann haben sich heute dafür gemeldet. Ein trauriges Ergebnis. Man kommt hier mit den verschiedensten Menschen zusammen. Dabei hört man dann meist auch leider Vieles, was für mich noch neu ist. Ich konnte und wollte es im Anfang nicht glauben. Ich dachte: „So grundschlecht können diese Menschen doch nicht sein.“ Aber es ist so! Man meint oft, man hat keine Menschen vor sich sondern Tiere. Das traurigste dabei ist dann noch, dass sie fast alle
verheiratet sind. Diesen Leuten muß das Leben doch furchtbar schwer fallen. Was hieran noch schlimmer ist. Viele von ihnen werden hier verdorben und von den anderen schlecht gemacht, darum ist es ganz gut, wenn man ab und zu auch im Heimabend einmal auf diese Dinge hinweist. Ich bin froh, dass ich durch meinen Glauben und durch Gottes Gnade hierin stark bleibe, bitte den Herrn täglich, dass ich nie das verliere was mir nie ein Mensch mehr wiedergeben kann. Beim Arbeitsdienst und beim Militär ist die Gefahr in dieser Hinsicht sehr groß. Die Kamera-den der Stube sind somit ja ganz in Ordnung, d.h. eine kleinere bessere Hälfte sorgt dafür, dass der größere schlechtere Teil das Maul hält. Hier sieht man ganz klar, wie wichtig es ist, dass die Kirche die Erziehung der Jugend in Händen hält. Allein von diesen Jungen die sich täglich um Christi Banner scharen, kann mal eine Revolution in dieser Hinsicht stattfinden und der Herr möge es geben, dass die Schar dieser Jungen von tag zu Tag wachse. Darum ist es auch gut, dass man schon bei den kleinen Messdienern anfängt, und sie langsam in die Schar der Älteren hineinwachsen lässt. Früher wurde das nicht gemacht. Was aus den meisten älteren Messdienern dann geworden ist, habe ich selbst miterlebt. –
Für heute will ich schließen. Über den Brief der Messdiener habe ich mich sehr ge-freut, und ich habe ihn auch sofort beantwortet. Nochmals viele herzliche Grüße auch an alle anderen Kameraden sowie an Ihre lieben Eltern. Heil!
Willi