Konrad Friesenhahn an Familie Stiesch, 6. März 1942
6.3.42
Meine Lieben.
Vor mir liegt Euer Brief vom 23.2. Ich glaubte er würde mir eine Vollzugsmeldung über Rudi bringen. Ich freue mich mit Euch, dkaß er noch in Eurer Mitte weilt, wenn ihn persönlich auch ein starkes Gefühl nach draußen treibt. –
Eine gute Gelegenheit gibt mir Anlaß auch auf den von Tante Lenchen gemachten Vorwurf meiner „:::::::::“ einzugehen. Es gibt drei Möglichkeiten den Krieg zu beschreiben. Die erste wird die Verhimmelung sein und das absolute Schweigen über seine Schlechtigkeiten, die zweite wird keine Rücksicht nehmen auf subjektive Schau, sondern im Guten und Schlechten wirklichkeitstreu bleiben ohne Rücksicht auf die eigene oder die andere Seite, und die letzte Möglichkeit wäre die, um das Grauen nur das Schlechte auszusuchen und breit zu schildern. Ich möchte bei der Mitte bleiben und damit der Wahrheit dienen.
In einem zerstörten russischen Krankenhaus, 500 m von den Russen ab, konnten wir jetzt in tiefen granatensicheren Kellern einen Film sehen (Man hört also etwas, in der Etappe
wimmelt es ja von „Front“kinos und Bühnen.) So wurde nun auch unglücklicherweise eine Wochenschau gezeigt, die Landser reagierten natürlich durch derbe Zurufe auf die gezeigten „Kriegs“bilder. Es mag technisch noch nicht möglich sein alle furchtbare Geschehen der vordersten Linie darzustellen, es würde ja auch der Propagandaaufgabe der Wochenschau damit nicht gedient werden – und die Sorge unserer Angehörigen müsste bei kriegsechter Darstellung sich verdreifachen.
Das geschriebene Wort weitet aber die Sicht und dämpft die „Freude“ über die geschauten Bilder, die Größe unserer Leistung wird mehr herausgestellt und das ist wichtig, wenn eine Heimatfront gesund bleiben will. Sie muß wissen, dass es hier oft ganz ganz bitter ernst zugeht, wo nur oft alles an einem Faden hängt. Ich kenne diese Schönferberei in Dingen, die den Krieg betreffen. Krieg ist keine Stätte um theater zu „spielen“.
Übedas als lustigen Beitrag ausgeführte „Schamproblem“ bei Lenchens Kindern kann ich hier nicht mehr viel sagen. Doch wird alles geheimnisvolle Verschleiern oft eine „gewaltsame Aufklärung“ begünstigen, um hier einmal mit militärischen Ausdrücken zu kommen. Vielleicht stellt das Kriegsende mich auch einmal selbst bald vor diese Fragen. Wenn ich an meine 25 Jahre denke, wird’s mir doch ein wenig komisch.
Herzlichst
Euer Konni