Kaplan Stiesch an Hans Kreuser, 19. März 1942

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1

19 März 1942

Lieber Herr Hans Kreuser !

Schade, dasz Ihre Genesung doch wohl langsamer fortschreitet, als Sie selbst wohl anfangs erwartet hatten. Inzwischen ist Ihr Bruder Josef auch Soldat geworden und schreibt öfter einen Grusz. Mit Ludwig zusammen war er hier, und da haben wir ein Tässchen Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Wir sprachen natürlich viel von Russland. Ludwig wollte gern die Tagebücher der Alja Rachmanowa lesen, die ja so mitreissend die Tragödie der russischen Revolution erzählt. Ich glaube, er hat zwei Bände von Herrn Pfarrer Vonessen entliehen. Leider habe ich ihn in den letzten Tagen seines Urlaubs nicht mehr gesprochen. Das geht ja immer alles wie ein Traum vorüber. Augenblicklich lese ich grade die Memoiren der Groszfürstin Maria von Russland. Auch sehr anziehend durch ihre Natürlichkeit und Frische der Darstellung.

Vom Elly Ney Konzert haben Ihre Schwestern ihnen sicher erzählt. Die Helma und die Johanna waren auch da. Immer ein Erlebnis, wie da alles so überzeugend und lebendig wiedergegeben wird. Die Wandererphantasie wurde letzten Sonntag im Radio von Schmidt Lindner nach meiner Auffassung noch klarer und besser gespielt.

Sonst ist hier nicht viel neues. Nur dasz wir wieder mehrere heftige Angriffe hatten. Neben der Peterkirche am Subbelrath ist ein Haus völlig zerstört. Man hat fast den Eindruck, als ob die Brisanz der Bomben gegenüber vergangenen Zeiten noch zugenommen hätte.

Augenblicklich ist ein Afrikaner in Urlaub, der Kaplan Willi Küppers von Akazienweg. Und Herr Meurer ist vor einigen Tagen zum Süden ausgerückt. Es heiszt, dasz er vorläufig nach Athen käme. –

Nun wünsche ich Ihnen alles Gute und hoffe Sie bald hier gesund zu sehen.

Stets Ihr