Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 1. Juni 1942

Holland, am 1.Juni 42.,

Lieber Rudolf!

Nun ist wieder einer aus den Reihen der Jungen Kirche der Heimatstadt, unserer Heimatpfarre den Weg nunmehr schon so vieler Kameraden gegangen. Seinen Eltern habe ich gleich einen Brief geschrieben, meine Gedanken waren bei ihnen und all den Stunden, die ich mit Franz verlebt hatte. Bei unserem Umzug nach Bickendorf 1929 band uns lange eine echte Jungenfreundschaft, zusammen taten wir heiligen Dienst am Altare. So manche Dinge trennten den Weg unseres Lebensganges. Doch gemeinsam lieb der Weg der Arbeit für das Reich des Herrn in jungen deutschen Menschen. Und nun hat auch er diesem Leben durch seinen Tod die Vollendung gegeben. Uns aber bleibt die Trauer und der Stolz.

Wie habt Ihr Franzens und seines lebens gedacht?

In Amsterdam während des Lehrgangs hab eich von unserem neuen Bischof gehört, und nun ist am 21. d.M. die Weihe. Ob sie auch zu einem solchen Fest der Jugend wird wie die des Erzbischofs von Paderborn? Du wolltest mir übrigens damals noch die Ansprache gegeben haben.

Ich bin recht gespannt, wie unser neuer Bischof sein Amt auf sich nehmen wird. Jedenfalls halte ich Frings nicht für einen v. Galen, die Seminaristen waren nicht allzu begeistert von ihm. Vielleicht spricht man bei Euch positiver, ich wäre froh darum. Ein starker Führer tut uns so not.

Hans Werres scheint ja mächtig für die Penne zu arbeiten, seine

Grüße sind so spärlich geworden. Sieh doch einmal zu, daß einer von den Jungführern – wer ist das nun alles? – mir fest schreibt, damit ich dauernd über Freud und Leid der Jungen unterrichtet bin. Im übrigen hoffe ich mir Mitte bis Ende Juli den Laden wieder einmal selber ansehen zu können. Der Tommy wird uns wohl keinen Streich spielen. In der vergangenen Nacht muß er ja wieder wüst in Köln gehaust haben. Anscheinend wirkt das deutsche Rezept des massierten Bombardements auch bei ihnen jetzt im Gegensatz zu den kleinen Störangriffen. Hoffentlich bleiben wenigstens die Menschen der Heimatstadt verschont, wenn schon so viele Sachschäden entstehen. Und dafür sind wir hier Soldaten, daß wir sie Nacht für Nacht über uns wegbrummen hören, um dort in der Heimat Leid und Tod zu säen. Manchmal konnte man in diesem „sicheren“ Leben aus der Haut fahren. Doch der Dienst muß halt getan werden. Ich wäre gespannt, bald mehr von Hubert Niederwippers Arbeit zu hören. Der Kerl hat nämlich etwas los, das ist nicht zu leugnen. Aber Ansichten!

Nun Euch Allen des Geistes hl. Stärke und seinen frohen Mut

   Jochen