Hans Meiers an Rudolf Stiesch, 27. Juni 1942

Gr.-Hettingen, 27. VI. 42

Sehr geehrter Herr Kaplan.

Ihren Brief vom 22. Juni habe ich gestern mit bestem Dank erhalten. Ich dachte schon, meine Karte wäre unterwegs bei der Post verloren gegangen, aber es war doch nicht der Fall, umsobesser.

Daß Franz Ley schon der 38. Gefallene aus unserer Pfarre ist, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte im höchsten Falle auf 20-25 getippt. Wenn der Krieg noch lange anhält, wie wird es da nachher in Bickendorf aussehen.

Ich habe es hier im allgemeinen gut angetroffen. Der Dienst war ja anfangs ziemlich ungewohnt, aber man gewöhnt sich an alles. Trotzdem sind wir alle wieder froh, wenn wir dem Arbeitsdienst „Ade“ sagen dürfen. Es geht doch nichts über ein gemütliches Zivilleben. Der ewige Drill kann ja nun schließlich dem Besten zum Halse rauskommen. Karl Heinz Hodes ist auch bei mir hier im Stand-

ort, nur in einer anderen Abteilung. Er wird Ihnen sicher schon öfters geschrieben haben.

Augenblicklich liege ich auf der Heilstube. Durch einen Insektenstich habe ich die linke Hand und den Unterarm angeschwollen. Für eine solche Kleinigkeit muß ich den ganzen Tag im Bett liegen. Langsam geht die Anschwellung wieder zurück. Ich bin froh, wenn ich den Dienst wieder mitmachen kann, denn es wird allmählich langweilig. Wir haben hier ein ziemlich trostloses Pfingstfest verlebt. Um 3 Uhr mussten wir schon aufstehn und Tornisterpacken. Dann gings raus mit Tornister, Gewehr u.s.w. zum Gepäckmarsch. Kaum waren wir draußen, fing es auch schon an, in Strömen zu regnen. So waren wir bald bis auf die Haut durchnässt, und rückten bald im Eilmarsch wieder in die Abtei-

lung ein. Auf unser Fragen, ob wir denn wenigstens auf dem Pfingstfest zur Messe gehen dürften, sagte unser Abteilungsführer, der Dienst erlaube es nicht, er nähme die Verantwortung auf sich. So ein sinnloses Gerede. Nachmittags hatten wir dann einige Stunden Ausgang. So bin ich denn mit einem anderen Kameraden in die Kommunionandacht gegangen, denn Pfingsten war hier Erstkommunion.

Mit den Fliegern haben wir hier nichts zu tun, dafür ist das hier zu unbedeutend. Ich muß nun Schluß machen, da wir uns zum Abendessen fertigmachen müssen.

Es grüßt Sie

   Ihr Hans Meiers