Rudolf Stiesch an Hans Meiers, 7. Juli 1942

Lieber Hans!

Für Deine Zeilen herzlichen Dank. Inzwischen war ich wegen der Gabenwahl für die Pfarrbücherei mal bei Euch am Rosenhof und Deine Mutter hat mir eine Tüte feine Erdbeeren mitgegeben. So werde ich hier also verwöhnt. Karl Heinz Hodes habe ich am vergangenen Sonntag auch in der RAD uniform gesehen aber nur kurz gesprochen. Er sah von weitem viel jünger aus als vorher, jetzt mit dem kürzer geschnittenen Haar. Unterdes sind auch schon wieder 2 Gefallene in der Pfarre zu beklagen, ein Höschler unter Birnen und einer namens Ingenerf. Die Familien kenne ich beide, wenn auch die Jungen bei uns nicht mitgetan haben. Rip. Also ist es doch angenehmer, den Dienst mitzumachen als auf dem Revier zu liegen und zu dösen? Vielleicht, wenn man tüchtig was zu lesen hätte, könnte man das Kranksein ertragen. 2 Tage war auch im Bett mit einer Mandelentzündung. Ich habe in den Tagen ein Buch von Bergengruen gelesen, Im Himmel wie auf Erden. Es sind manche interessante Partien darin, im ganz wohl ein historischer Roman. Man bekommt einen Einblick in das Seelenleben eines Herrschers, wie er Gesetze entwirft und ihre Auswirkungen beobachtet usw.

Ich hatte 14 Tage Urlaub und war in Düsseldorf und in Werden an der Ruhr bei einem Vetter. Da ist mir zum ersten Mal in größerem Umfang Rilke begegnet, der Cornett und die Duineser Elegien. Diese waren mir doch ein Rätsel, manches doch wohl überspannt und verstiegen. Wir haben mächtig über manches lachen müssen. zB „er rollt dicke Männer wie einst August der Starke zinnerne Teller“ uä.

In Barmen habe ich Kaplan Küpper besucht. Die Kirche, an der er Dienst tut, ist ein durchschnittlicher Bau, längst nicht

so schön wie Dreikönigen. Hoffentlich bleibt unsere Kirche wenigstens von Zerstörungen verschont. Es ist eigentlich genug in Köln damit. Und dann war ich mal im Theater hier in Köln. Es wurde Kabale und Liebe gespielt. Hochdramatisch. Ich hatte nicht geglaubt, daß das Stück so bühnenwirksam sein würde. Wir hatten es mal in der Schule gelesen. Aber da wirkt alles doch unlebendig und antiquiert.

Sonst wüsste ich nicht viel neues. Einiges muss ich dir erzählen, man kann es schwer schreiben. Es wird ja hoffentlich, keine Ewigkeit mehr dauern, bis der RAD zu Ende ist.#   Nun sei herzlich gegrüßt

     Dein