Rundbrief von Jochen Soddemann an alle Mitglieder der Jugendgruppe, 10. Juli 1942
……Holland, am 10. Juli 42
+Heil Euch, Kameraden!
Durch Hans, der nun bald von Euch geht, sage ich Euch, Jungführer junger Kirche unserer Heimatpfarre, heute den ersten gemeinsamen Gruss.
Vielleicht gingen unsere Wege bislang nebeneinander her, vielleicht standen – und stehen wir uns noch in vielen Dingen fremd gegenüber. Wir wollen einen neuen Weg gehen: uns gegenseitig helfen bei dem grossen Werk, das uns Euch wie mir, aufgetragen: junge Menschen zu formen, ins Leben zu stellen, lebendig und stark, Ihr junge Christen, ich im Dienst junge Soldaten. Zum ersten Mal habe ich vor einigen Monaten eine eigene Korporalschaft bekommen, 15 junge Kerle aus unserer Heimat, zu soldatischer Erziehung, zu körperlicher Formung. So stehe ich wieder mitten in der Aufgabe, in die mein leben nunmehr schon fast 7 Jahre gestellt, jungen Menschen Führer zu sein. Vielleicht habe ich es jetzt leichter als Ihr, der unbedingte soldatische Gehorsam – gerade ganz besonders in der Rekrutenzeit – verschafft mir die Autorität, die ihr Euch durch euer Tun, durch Leben und Wort, mühsam erringen müsst. Und doch ist es mit der Gewalt des Befehls auch bei Euch nicht getan. Das ist ja so leicht! Doch das andere – Flex sagt es uns im „Wanderer“ – „Das herz seiner Leute muss man haben, dann hat man Dißiplin von selbst“ – das erfordert den ganzen Kerl: Beispiel und Vorbild. Andererseits kann man um des Dienstes willen mit den Kerlen nie so feine Gemeinschaft schaffen, wie es Euch dort möglich ist. Es können halt nicht alle einen kameradschaftlichen Ton vertragen und tuen dann bald ihren Dienst schlechter. Den einzelnen Kerl kann man so wenig packen.
Und das ist gerade Eure Arbeit. Immer wieder den Einzelnen suchen, ihn mitzureissen und zu begeistern versuchen, ihn hineinführen in die Gemeinschaft junger Kirche. Wisst Ihr, da habe ich früher immer die meiste Freude gehabt, wenn ich Wochen und Monate um einen Kerl geworben, keine Mühe gescheut, den Kampf mit ängstlichen und ablehnenden Eltern gesiegt hatte und der Junge dann endlich zu uns fand, nicht zu mir damals, nicht zu dir heute, sondern zu uns: zum Reich junger Kirche. Da liegt die grosse Gefahr jeden Führertums. Daß wir ob des Weges das Ziel vergessen, ob unserer eigenen neugewonnenen macht, den, der sie uns gegeben: Christus. Überdenkt einmal in einer besinnlichen Stunde, ob wir nicht in vielen Dingen nur uns selbst und unseren eigenen Stolz suchen bei unserer Arbeit. Und wenn wir ehrlich sind, muss jeder von uns ein ja sprechen.
Fein, Hubert, daß du zu den Kerlen gefunden. Gerade wir beide haben uns fremd gegenübergestanden. Warum, ich weiss es nicht. Lassen wir all das Vergangene fallen, wie die Bomben des Feindes auch so manches Morsche zerstört, und gehen wir nun den Weg unserer Arbeit miteinander, den Weg, den uns Willi und Franz gewiesen. Ich freue mich riesig auf den ersten Gruss von Dir.
Dir Alfons herzlich Heil zu deinem Tun. Wie steht es mit der Zeit der Fahrten? Seid Ihr schon mächtig draussen gewesen? Bei manchem Marsch durch den jungen Morgen, bei Kampfspiel im Geländedienst, denke ich an Euch und Euren jungen Mut. Grüsst mir den Franz Karl und Karl Josef Lindlar.
Euch allen Heil und des Herrn Mut und Kraft bei Eurer Arbeit
Jochen Soddemann