Hans Meiers an Kaplan Stiesch, 12. Juli 1942
Diedenhofen, den 12.VII.42
Werter Herr Kaplan.
Heute morgen erhielt ich Ihren Brief. Herzlichen Dank dafür. Nun liege ich schon seit Dienstagmorgen hier in Diedenhofen im Lazarett mit einer Zellgewebe-Entzündung am rechten Bein. Wenn meine Schrift etwas zittrig und verwackelt ist, so liegt daß daran, daß ich mich kaum bewegen kann, weil das kranke Bein in einer Schiene liegt und dick verbunden ist. Dienstag-Nachmittag wurde ich sofort operiert. In der Narkose musste ich von 20 ab zählen. Bis 45 kam ich, dann war ich beim Petrus im Himmel. Nach der Operation tat mein Bein ordentlich weh, aber mit der Zeit ließen die Schmerzen nach. Morgen will der Arzt den Pfropfen aus dem Bein rausziehen. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis das Bein wieder vollständig gesund ist. Aber hier im Lazarett kann man es schon ganz gut aushalten. Wir haben nämlich eine reichhaltige Bücherei hier. Im Augenblick lese ich gerade das Buch von Walter Flex „Wanderer zwischen beiden Welten“. Die Zeit wird einem
beim Lesen bestimmt nicht lang. Die Verpflegung ist ausgezeichnet. Das Pflege-Personal besteht aus Rote-Kreuz-Schwestern und franz. geistl. Schwestern. Zufällig kam mich meine Mutter vorige Woche besuchen. Im Lager durfte sie nicht herein und ich durfte nicht heraus. Schließlich brachte ich es doch soweit, daß ich sie Samstag, Sonntag und Montag je 10 Min. sprechen durfte. So war ich dann froh, daß ich Dienstag-Morgen ins Lazarett kam. Hier kommt mich meine Mutter jeden Tag ab 3 Uhr besuchen. Sie schreiben von einem Gefallenen Ingenerf. Welcher Ingenerf ist das dann. Der Karl oder der Große. Der Karl war nämlich bei mir in der Klasse. Karl Heinz Hodes hatte ja Glück gehabt, daß er 2 Tage Urlaub bekam. Ich glaube nicht, daß er bei uns in der Abteilung Urlaub bekommen hätte, aber er hatte ihn ja auch redlich verdient. Hoffentlich bekomme ich nach der Entlassung aus dem Lazarett einige Tage Heimaturlaub zur Genesung. Aber da ist auch noch nicht dran zu denken. Ich wüsste sonst nichts neues mehr.
Es grüßt Sie recht herzlich
Ihr Hans Meiers