Kaplan Stiesch an Hans Meiers, 31. Juli 1942
31 Juli 1942
Hans!
Inzwischen ist unsere Gruppe wieder kleiner geworden. Willi Krautz ist gestern weggegangen, ich glaube nach Detmold. Und Hans Werres ist auch weg. Am Abend vor seinem Abschied habe ich da einen Besuch gemacht. Sein Vater erzählte lauter Kriegs und Kommiserlebnisse, die natürlich durch Hans seinen Abschied wieder lebendig wurden. Manches kann man sich ja nach den Kriegsbüchern vorstellen so zB, wie der Abstand von Offizieren und Mannschaften an der Front an Bedeutung verliert. Am letzten Sonntag hatten wir zum ersten Mal während der 8 Uhr Messe Alarm. Pater Breuning war gerade mitten in der Predigt. Der Alarm dauerte etwa ½ Stunde. Pater Breuning fuhr mit der Predigt wieder fort, da wo er stehen geblieben war. Die Leute sind fast alle wieder gekommen. Meine Nichte sagte, das war eine ganz schöne Unterbrechung, da erschien einem die Messe nicht so lang wie sonst.
Montag haben wir wieder mit den Glaubensstunden begonnen und ich hoffe, daß diesen Winter daraus etwas schönes wird. Ich begann mit einer Darstellung des Lebens des hl Paulus, seiner Jugend in Tarsus. Diese Stadt liegt ja auf der Grenzscheide der orientalischen und der Griechischen Welt, und so war der hl Paulus besonders befähigt, die Frohbotschaft aus der enge des Hl Landes in die weite Welt zu tragen.
Diese Geschichte mit Sicherungsgeld wird jetzt häufiger angewendet. Du meinst sicher den Kaplan Wiesdorf vom Jugendseelsorgeamt. – Hans Werres muß nach dem Krieg sein Abitur noch nachmachen. Er ist später auf die Schule gekommen und daher war er noch nicht weit genug, daß man ihm das Abitur einfach schenken konnte. Aber das wird schon klappen. Nach dem Weltkrieg hat man ja die
Kriegsstudenten auch immer entsprechend behandelt. Mein Freund hat mir das mal erzählt. Er kam als Unterprimaner in den Krieg und machte später das Abitur nach.
Für Dein Bild von der Kirche danke ich auch herzlich. Heute kam für Euch die Gabe des Borromäusvereines an: Von Hünermann die Lebensgeschichte der hl. Hildegard. Diese Bände sind bemerkenswert schön geschrieben. Vielleicht kennst Du den Damian De Beuster, den Priester der Verbannten von ihm. Warst Du auch damals mit, als er im Pfarrheim in St Josef aus seinen Büchern vorgelesen hat? Ich erinnere mich, daß Rudi Conin an dem Abend dabei war.
Willi Stang kenne ich nicht. Hoffentlich muß er nicht das gleiche Schicksal erleiden, wie Willi Stupp. Nach dem Kriege haben wir auch noch viele tüchtige Menschen notwendig. Und doch glaube ich nicht, daß Willi Stupps Opfer vergeblich war. An seiner nun vollendeten Gestalt werden die Jüngerern sich immer messen und aufrichten.
Mit Alarm sind wir hier auch genügend versehen. Merkwürdigerweise mehr am Tage als in der Nacht. Am letzten Samstag glaube ich 4 mal.
Nun wünsche ich Dir gute Besserung! Lass Dir das Buch das lebendige Licht einmal schicken, wenn das geht. Es wird Dir gut gefallen. (Das lebendige Licht war das Hauptwerk der hl Hildegard).
Mit bestem Gruß bin ich immer Dein