Kaplan Stiesch an Josef Rick, 4. August 1942
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg
4 August 1942
Lieber Herr Rick!
Immer schon wollte ich Ihnen einen Grusz zusenden, nachdem ich Ihre hübsche und besinn-liche Plauderei „Die Kompagnie wartet“ in der Zeitung gelesen hatte, aber immer kam mir etwas dazwischen. Inzwischen hat sich das Bild der Pfarrjugend hier auch wieder tüchtig geändert: Hans Werres ist zu den Funkern nach Münster eingezogen, Willi Krautz zur Infan-terie nach Detmold. – Augenblicklich habe ich hier begonnen den Jungen ein Lebensbild des hl Paulus zu geben. Der Anfang ist wohl geglückt, und ich hoffe, dasz es gelingt, das Inte-resse lebendig zu erhalten. Manchen Menschen ist ja ein eigenes Pneuma der Schrifter-schlieszung gegeben. Von Pfarrer Könn wird es ja allgemein gesagt. Ich selbst habe es in Bonn
erlebt im Seminar von Prof Vogels. Er wuszte a[uch] das unscheinbarste Wort bedeutungsvoll zu machen, überall die Goldader zu finden.
Von Kaplan Fröhlich habe ich grade einen Band von der neuesten Auflage von Nadlers Literaturgeschichte entliehen. Wunderbar bebildert wie alle Werke des Propyläenverlages. Und sehr lehrreiche Untersuchungen, die den Rahmen der Literaturgeschichte manchmal sprengen. Karl May zB wird ausführlich behandelt, Rudolf Herzog mit keiner Zeile erwähnt.
Über das neueste aus der Pfarre sind Sie ja wohl informiert. Geistig sind Sie auf manchem Abend der Jungen zugegen, so vorige Woche, als Franz Karl Werner aus dem Siebengestirn vorlas.
Mit herzlichem Grusz bin ich Ihr