Kaplan Stiesch an Werner Stoffel, 4. August 1942

4. August 1942

Lieber Werner!

Gestern brachte der kirchliche Anzeiger Deine Auszeichnung und so dachte ich gleich an einen Gruss für Dich und den Glückwunsch. Hier ist ja allerhand passiert in der letzten Zeit. Von dem schweren Angriff auf Köln wirst Du ja hinreichend gehört haben. Ich persönlich habe in der Nacht zum ersten Mal brennende Häuser und Kirchen gesehen. Ein wenig habe ich helfen können löschen beim Brand der Nachbarkirche St Rochus.

Und am nächsten Tag musste ich zur Gestapo weil Kaplan Küppers Erlebnisse aus Afrika erzählt hat bei den Jungen. Dies galt als nicht rein religiöse Betätigung und so musste ich 600 RM auf ein Sperrkonto einzahlen.

Aber auch manches Schöne erlebe ich zur Zeit, so zB im Zusammenspiel von leichten Hän-delstücken für Geige und Klavier mit einem Jungen der Pfarre.

Die Glocken sind wieder alle bis auf die kleine abgegeben, leider sind auch so vollendet schöne Geläute betroffen wie St Adolphus in Düsseldorf. Ein ganz unglaublich reiner und tiefer Klang ist das gewesen. Wenn ich aus Kaiserswerth mal nach Düsseldorf kam und diese Glocken hörte, war ich wirklich ergriffen.

Der neue Erzbischof wird allgemein gelobt. Von allen Seiten hört man Gutes über ihn. Zum Beispiel schrieb er einem Herrn hier der Pfarre einen sehr lieben handgeschriebenen Brief zum Tode seines Vaters. Er kannte die beiden von seiner Rekrutenzeit in Fühlingen her. Also man spürt immer, dasz man mit einem wirklichen Menschen zu tun hat, dessen Menschtum unter der Last und Aussenwand des Amtes nicht unsichtbar geworden ist. Die Weihe musz ja ein Erlebnis gewesen sein. Ich war leider grade in Urlaub, so dasz ich dies nicht mitgemacht habe.

Sei in herzlicher Treue gegrüszt