Kaplan Stiesch an Jochen Soddemann, 10. August 1942

Rudolf Stiesch Kaplan Köln Bickendorf Schlehdornweg 1

10. August 42

Jochen!

Entschuldige, dasz ich wieder die Maschine benutze, ich wollte heute 9 Briefe schreiben und da drängt sich alles ein wenig.

Den Bergengruen kann ich Dir leider nicht mehr besorgen. Ich hatte ihn von Hans Werres, der ihn seinerseits von der Schulbücherei entliehen hatte. Aber Herr Kann sen. besitzt das Buch auch. Er hatte es voriges Jahr als Gabe der Bücherei gewählt. Gr. Brunnenweg 42. Willst Du ihm einmal drum schreiben? Andernfalls bin ich bereit, für Dich zu fragen. Meine Bestände an schöner Literatur nicht sehr grosz.

Ich bin gern bereit Dir etwas zu leihen z.B. von Sigrid Undeset habe ich den Olav und die Kristin. Da hast Du auch lange etwas von, die beiden sind ja episch lang angelegt. Oder willst Du etwas von Dostojewski haben? Oder von Schleich das schöne Buch: Besonnte Vergangenheit? von Handel Mazzetti die Sand Trilogie.

Die Gruppenarbeit macht augenblicklich Freude. Ich habe vorige Woche mal tüchtige Anstrengungen gemacht md wir hatten eine gut besuchte Komplet mit Einführung in die Liturgie des Sonntages und eine erfreuliche Beteiligung an der Gemeinschaftskommunion. Und der hl Paulus interessiert mehr, als ich zu erwarten gewagt hatte. Gestern Abend hatte ich den dritten Abend des Zyklus. Hoffentlich wächst alles organisch in die Breite aber auch die Tiefe. - Und die Jungen haben den Weg zur Samstagabend-Komplet in der Krypta vom Kapitol gefunden. 9 Jungen waren letzten Samstag da. Ich hoffe, nächsten Monat die Komplet auch bei uns singen zu können. Dazu lernen wir zur Zeit Franz Leys letztes Lied. Das wird hoffentlich bei der nächsten Gem. Kommunion in der Kirche gesungen werden können.

Letzten Sonntag war ich mit Hans Kreuser im Rembrandtfilm. Ich war masslos enttäuscht. Von einer Hinführung zum Werk Rembrandts

kaum eine Spur. Man sah nur die Nachtwache, den Mann mit dem Goldhelm und das letzte Selbstporträt aus dem Wallraffrichartz Museum und diese dazu in miserablen Kopien. Und das Biographische in filmmäsziger unehrfürchtiger Form. Das ganze doch mehr oder minder eine Blasphemie Ich würde mal gerne einen Fachmann, einen Maler darüber hören.

Für Hans Kreuser war die Wochenschau sehenswert. Besuch des Duce in Afrika. Auf einmal sah er das Lazarett in Derna und die Räume, in denen er gelegen hatte. So was ist natürlich schon etwas besonderes.

Dein Brief an die Junghelfer ist an diese durch Hans Werres abgetippt weitergegeben worden, Alfons wollte Dir meines Wissen schreiben, auch Hubert Taxacher. Ich will noch mal nachfragen.

Sei herzlich gegrüszt