Kaplan Stiesch an Josef Kreuser, 16. August 1942

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1

16. August 1942

Josef!

Nun ist Dein Bruder Hans leider auch schon wieder weg nach Küstrin. Es waren schöne Tage. Gleich am ersten Morgen als er hier war, hat er nach einem Requiem ein Lied für den Verstorbenen gespielt und auch sonst war er öfter auf der Orgel. Am vorigen Sonntag waren wir beide in dem Rembrandtfilm. Ein Stück auf der Bühne oder im Opernhaus oder gar ein Konzert wären uns natürlich lieber gewesen aber in der Not frisst der Teufel Fliegen. Wir waren auch natürlich entsprechend enttäuscht. Von einer Hinführung zum Werk des groszen Meisters war kaum eine Spur zu merken und die Bilder die man mal sah waren miserable Kopien. Mit Alarm fing es gleich an und wir mussten in den Keller. Dein Bruder seufzte, „so vertut man hier die paar kostbaren Stunden, die man Urlaub hat“. Aber er hat mir in der Zeit allerhand schönes und interessantes aus Afrika erzählt. Für meine Begriffe war der Film eher eine Blasphemie auf den groszen Meister als ein Hymnus, und ich rate jedem ab, hinzugehen. Sehenswert war für den Hans die Wochenschau. Der Besuch des Duce in Afrika. Auf einmal sah er Bilder aus dem Lazarett in Derna, wo er gewesen war. So etwas ist natürlich eine Überraschung.

Die 600 M haben auch ihre gute Seite. Es scheint, dasz alles jetzt mit doppeltem Eifer an die Arbeit geht, ich selbst auch, seit dem ich weisz, dasz diese Arbeit 600 RM wert ist. Ich bin mal ordentlich herumgegangen und die letzte gemeinschaftliche hl Kommunion und die Vorbereitungsstunde dazu mit Komplet war ganz erfreulich in der Zahl der Beteiligung. Ich hoffe dasz das anhält; augenblicklich gebe ich eine Einführung in das Leben des hl Paulus und ich freue mich über das Interesse der Jungen. In der Mittelgruppe hatten wir zuletzt auch ein anregendes Thema: Klöster Mönche Orden.

Es sind das ja umstrittene Fragen. Hans Meiers hatte grade im Lazarett ein Buch eines abgefallenen Dominikanermönches gegen das Klosterleben gelesen und dadurch manche Anregung brieflich gegeben. Er ist in Diedenhofen. Kaplan Föhlich hat heute über das Thema gesprochen in der Predigt über Maria und Martha die ja das Tätige und beschauliche Leben personifizieren. Maria hat den besten Teil erwählt sagt der Herr.

An den 600 RM hat Dein Herr Vater sich übrigens auch massgeblich beteiligt.

Die Anschrift von Rudi: Soldat Rudi Conin   L 34 515   L. G. P. A. Dresden

Leider habe ich vom letzten Brief keinen Durchschlag aufbewahrt. Daher weisz ich nicht, was ich schon geschrieben hatte. So können manche Doppelberichte vorkommen. – Viel Freude erlebe ich im Zusammenspiel mit Josef Müller. Jetzt merke ich erst, wie viel ich noch an rhythmischer Genauigkeit lernen musz. Im Zusammenspiel da offenbart sich jeder Fehler mit unerbittlicher Sicherheit.

Kennst Du das Lied von Franz Ley? Wenn es Dich interessiert, schicke ich Dir den Text einmal mit.

Letzten Sonntag war ich zur Taufe des fünften Kindes meiner Schwester in Düsseldorf. Es waren schöne Stunden. Im allgemeinen wird die Taufe viel zu wenig feierlich gespendet und ernst gewertet wie sie es als das grundlegende Sakrament verdiente.

In Berlin ist auch der Heinz Adams bei der Post in der Lehre: Seine Anschrift: Postinspektoranwärter (Funk) Heinz Adams Berlin C 2 Postamt C 25 Funklehrgang. Es wäre schon schön, wenn mal die Möglichkeit bestünde, dasz Ihr Euch seht, wo wie Herr Meurer und Dein Bruder Hans sich in Athen gesehen haben.

Letzten Montag war unser Pfarrer 30 Jahre Priester. Es wurde in der Form begangen, dasz das Jahrgedächtnis für Deinen Bruder Hubert in der Tagesfarbe feierlich gehalten wurde. Nun wünsche ich Dir von Herzen alles Gute und bin in steter Treue Dein