Kaplan Stiesch an Willy Winterscheidt, 16. August 1942

16 August 42

Willi!

Heute nur einige kurze Zeilen. Sie wollen Dir für Deinen schönen Rundbrief an die Jungen danken, ich werde ihn in der kommenden Woche bei den groszen Jungen Und den Mess-dienern verlesen und hoffe, dasz Dir der eine oder andere persönlich antworten wird. Du weißt ja selbst, wie schwer es meist ist, die Jungen zum Schreiben zu bewegen.

Woher stammen denn die Verse, die Du im letzten Brief schreibst? Ich habe sie noch nicht gehört, sie gefallen mir aber recht gut. Oder hast Du selbst sie Dir ausgedacht?

Im letzten Heimabend der Mittelgruppe besprachen wir das Thema: Mönche Klöster Orden. Es ist das ja ein aktuelles Thema, wo der Wert und die Berechtigung der Klöster so umstritten sind. Sehr schöne Gedanken gab das das Buch von Bogler: Soldat und Mönch. Ein Leutnant des Weltkrieges, der verheiratet war, dem man also nicht ohne

weiteres nachsagen kann, er verstehe nichts vom Leben in dieser Welt, der geht in das Kloster Maria Laach und erlebt da diesen ganz neuen Lebensstil, der der Verherrlichung Gottes nichts vorzieht, diese also als den tragenden Mittelpunkt des Lebens ansieht. Kaplan Fröhlich hat heute morgen zufällig im Anschluß an das Evangelium von Maria und Martha sehr schön über dies Verhältnis von tätigem und beschaulichem Leben in der Predigt gesprochen.

Und Dein Brief klingt es ja auch an, wenn Du schreibst, dasz man da im Schlachtgetümmel auf einmal das Bedürfnis verspüre betrachtend und schauend zu beten.

Nun sei herzlich gegrüsst!Dein