Ferdinand Deussen an Kaplan Stiesch, 22. August 1942

Russland, den 22.8.1942

Hochw. Herrn Kaplan Stiesch!

Für Ihr Schreiben vom 4. Aug. 42 habe ich erhalten und sage Ihnen recht herzlichen Dank. Sie werden gestaunt haben wie mein Vater Ihnen sagte wie meine Meinung zum Rundbrief war. Wenn man, 1. die Angeberei 2. was habe ich alles erlebt, 3. haben andere nichts erlebt die alles still in der Brust für sich tragen, 4. immer nur vom Siegen hört, hat man bald satt von solchen Sachen zu hören. Ich habe mir vorgenommen über solche Dinge keinem was zu berichten, daher habe ich meinen Schriftver-

kehr eingeschrenkt weil alle Berichte und Aus-schnitte von der Front wünschen.

Ich habe immer nur den einen Wunsch etwas aus der Heimat zu hören. Ein Kamerad von mir erhält jeden Monat ein Schreiben von der Pfarre über Geburten, Hochzeiten, Sterbe- und Gefallenenfälle weiter über Jugendsehlsorge, von wann bis wann ein Soldat auf Heimaturlaub war, wann einer neu eingezogen worden ist und von den Eingezogenen die Feldpostnummer.

Ich habe mich sehr gefreut, daß ich auch zu meinem Recht gekommen bin. Wenn wir uns an immer neuem Ort niedergelassen haben wende ich mich sofort an den Kriegspfarrer wobei ich bis jetzt sehr gut aufgenommen wurde und immer Abwechslung fand. Wie haben Sie es

zustande gebracht das Glück zu haben noch nicht Soldat zu sein? Leider treffe ich Kaplan Schenk nicht mehr, er ist nach vorn gekommen und ich nach hinten. Kaplan Schulten von Barbara und ein Kaplan von der Herz Jesu Kirche in Köln habe ich kennen gelernt und sind auch Sanitäter im Lazarett wo Kaplan Schenk ist. Mit der Gestapo muß man heute vorsichtig sein um des Geldes wegen und hinter Gitter zu kommen.

Wenn der Krieg aus ist sollen die Glocken den Frieden einläuten, aber mit welchen Glocken? Hier hört man keine Glocken zum Gottesdienst machen alles im Stillen dabei läutet es aber im Herzen desto mehr. Wer jetzt im Kriege die Gelegenheit hat zu einem

Gottesdienst zu gehen und es nicht ausnutzt hat bestimmt in dieser harten Zeit nichts für seinen Gott übrich und wird später in der Heimat ebenfalls so eingestellt sein, ich habe es unter meinen Kameraden schon oft gehört.

Und nun will ich schließen, mir geht es sonst noch gut und das Selbe hoffe ich von Ihnen und Ihren Eltern auch.

Für heute recht herzliche Grüße verbleibe ich Ihr

Ferdi Deussen

Viele Grüße an Ihre Eltern.

Auch viele Grüße an die ganze Pfarrjugend.