Hans Werres an Kaplan Stiesch, 27. August 1942

O. U. Donnerstag, den 27.VIII.42

Lieber Herr Kaplan!

Heute möchte ich mich endlich für die 3 Briefe bedanken und Ihnen darauf antworten. Ich bin krank, nichts besonderes; habe aber dadurch Zeit und Gelegenheit, Ihnen zu schreiben.

Selbstverständlich habe ich mich über alles gefreut. Das Heftchen habe ich nahezu ver-schlungen. Hier gibt es ja nichts Anständiges. Was sie mir von der Jugend berichten, ist sehr fein; doch möchte ich einmal von den Jungen selbst etwas hören. Was macht z.B. unser Pfarrhelfer? Fungiert er überhaupt nicht als solcher? Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Dekanat, mit der Stadt? Dann, was tuen die Gruppenführer bzw. die restlichen Leute der älteren Jahrgänge, als da sind: W. Geurts, H. Niederwipper u.a.? Wird in irgendeiner Weise etwas Neues, etwas Aufbauendes innerhalb der Pfarre und der Jugend geleistet? Wir sollen doch immer vorn bei sein.

Ja, es ist schwer, die Eintönigkeit des Alltags zu brechen und ihn durch irgendetwas zu ver-golden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das spürt man so richtig wieder beim Kommiß.

Es war doch Kux, den ich glaubte gesehen zu haben. Wir haben uns inzwischen schon meh-rere Male gesehen + auch gesprochen. Das müßte Ihnen doch gleich aufgefallen sein, dass wir die gleiche F.p.nr.

haben und nur der Buchstabe anders ist. Er gehört zu leichten Kolonne; nur eine andere Kompanie, während ich zur 2. Komp. gehöre. Es liegt im gleichen Ort, nur privat, während wir in einer Schule liegen. Es werden hier sicher noch mehr Kameraden liegen. Schade, dass wir voneinander nicht erfahren können, wo wir liegen.

Welche Kameraden sind oder waren inzwischen auf Urlaub gekommen? Was macht unser Rundbrief? Hört man etwas von unserem neuen Bischof?

Fragen, nichts als Fragen! Ein Narr fragt mehr… werden Sie wohl sagen. Doch ist es nicht besser so? Auf die Art kann ich ja all das erfahren, was ich gerade gerne wissen möchte.

Von mir darf ich Ihnen ja nicht viel berichten, d.h. von mir persönlich ja, aber von unserer Ausbildung u.s.w. nichts. Gesundheitlich geht mir, ausgenommen das Fußgeschwür, weswegen ich ja auch „krank“ bin, gut, wenn nicht blendend! Die Kost ist ausgezeichnet und reichlich; nur die Rationen für jeden Tag könnten etwas größer sein, zumal für so einen wie mich, der „anständig“ zu essen gewohnt ist. Ich muß mich darum halt mittags für den ganzen Tag satt essen.

Lassen Sie weiterhin öfters von sich hören und stoßen Sie sich nicht daran, wenn ich mal etwas länger nicht antworte. Im Augenblick habe ich keine Karten zur Verfügung.

In Treue IhrHans Werres.

Grüßen Sie bitte die Kameraden. Heil!

Idem ut supra