Hubert Gülden an Kaplan Stiesch, 29. August 1942
Im Osten, 29. 8. 42
Werter Herr Kaplan!
Ich habe heute Ihren Brief vom 18. Juli erhalten, nachdem er wohl eine ganze Reihe Feldpostämter besucht hat und immer hinter unserer Truppe hergesaust ist. Aber was lange währt, wird bekanntlich gut und so hat der Brief doch noch einmal sein Ziel gefunden.
Hier geht der Vormarsch mit Riesenschritten vorwärts und wir werden schon bald das Endziel dieses Jahres erreicht haben und können uns in Kürze die Winterquartiere einrichten! Vorläufig herrscht hier allerdings noch eine ganz fürchterliche Hitze, die Durchschnittstemperatur ist z.Zt. mittags ca. 55° in der Sonne und die endlose Steppe, in der es 100 km im Umkreis kein Dorf und kein Haus gibt, in dieser Steppe, wo kein Baum und kein Strauch, sondern nur elendes Steppengras zwischen Sand wächst, lässt diese Hitze noch unerträglicher erscheinen, denn nirgendwo gibt es Wasser, aus keiner Richtung weht ein kühlender Wind und man muß kilometerweit nach Wasser fahren, das allerdings aussieht wie in Deutschland das Spülwasser. In dieser Steppe hier kann man nur Staub und nochmals Staub fressen und sehnt sich den ganzen Tag nach Wasser und hofft darauf, dass es bald in eine andere Gegend geht!
Vor wenigen Tagen sind wir nun ins vierte Kriegsjahr getreten, eine Tatsache, an die am 26. Aug. 1939 im entferntesten keiner dachte. In den vergangenen Jahren haben wir große Dinge und Erfolge errungen und doch sind wir noch nicht am Endziel angelangt. Und gerade in diesen Tagen legen sich viele Landser die Frage vor, wann wird dieses Elend endlich einmal zu Ende sein, wann dürfen wir wieder nach Deutschland zurückkehren! Wir können hier nur unsere Pflicht tun und hoffen, denn die Zukunft muß uns die Lösung bringen und wir alle wollen beten, damit der Herrgott unserem Volk den Sieg schenken möge, auf daß unsere Besten nicht umsonst fielen.
Ich habe die gefallenen Kameraden, deren Namen Sie mitteilten außer einem alle gut gekannt.
Für heute dann herzlichen Gruß
Ihr Hubert Gülden