Kaplan Stiesch an Hans Werres, 1. September 1942

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1

1. September 1942

Hans!

Für Deine lieben Zeilen vom 27 Aug recht herzlichen Dank. Also schon krank. Sieh zu, dasz Du bald wieder auf den Beinen bist und nicht so lange herumdoktorst wie der Hans Meiers. Anbei ein Heftchen was Dir hoffentlich gefallen wird. Mir hat es sehr gefallen. Ich habe eine Reihe von Reclamheftchen besorgt und schon verschickt. Ich habe immer um Rücksendung gebeten, damit ich sie von hier aus dann weiter zirkulieren lassen kann. Ich hoffe, dasz Dir der Vorschlag gefällt. Ich hoffe die Sammlung immer weiter auszubauen.

Alfons macht seine Sache ganz gut. Ich traue ihm zwar nicht zu, dasz er die Abende der Obergruppe selbständig leiten kann. Er hat dafür noch nicht die nötige Reife den andern vo-raus. So tue ich diese Arbeit zur Zeit im wesentlichen allein. Recht nett hat er aber in seiner Mittelgruppe letzten Freitag eine Übersicht über die Messfeier bei St Paul in Korinth, in den Katakomben, eine Papstfeier in St Peter, einen Feldgottesdienst gegeben. Franz Karl Werner scheint aber leider nicht mehr mitzutun, es heisst er habe keine Zeit, ich vermute jedoch, dass er keine rechte Lust hat. Will nachher mal hingehen, sehen was sich machen lässt. Letzten Sonntag war Alfons als Pfarrhelfer in der Mainzerstr. Er fungiert also schon als solcher. Hubert Niederwipper sehe ich nicht mehr. Gestern sind Karl Egon Klein, Josef Kann, Josef Müller, Josef Vossel, Heribert Faber, Werner Wulf in eine Schulung für vormilitärische Erziehung gekommen für 3 Wochen. Die Obergruppe ist also zur Zeit sehr klein. Getagt haben wir aber doch und nachher höre und staune: Da sind wir zu drei Mann: Heinz Leopold, Hans Bayart und ich zu Schlottmann gegangen und haben ein Glas dunkles Bier [getrunken].

Werner Vianden war in Urlaub und war jeden Montag beim Heimabend. Er ist ein weniger begeisterter Soldat als andere. Einige Rundbriefe waren zurückgekommen. Ich habe sie nachgeschickt. Manchen hat er gut gefallen, andern weniger. zB Ferdi Deussen schrieb, er interessiere sich mehr für die Vorgänge in der Pfarre als für die gegebenen Darstellungen. Ich habe ihm zum Ersatz einen Brief geschrieben und ihm das gewünschte erzählt.

Sonst ist hier wenig neues passiert. Kaplan Fröhlich ist zur Zeit in Urlaub an der Sieg. – Mein Vetter, von dem ich öfter erzählt habe, der ja schon Polen Frankreich und Russland immer in den ersten Linien mitgemacht hat, kommt jetzt nach Afrika. Hoffentlich kommt er gesund wieder. Heute morgen hat mich Kaplan Kappert besucht, der auch in Url ist. Er sprach von der religiösen Situation des Frontsoldaten und meinte es sei zu begrüssen, dasz durch den Krieg unzählige Abständige wieder einmal mit einem Priester in Kontakt kommen und erfahren, dasz sogar ein solcher ein richtiger Mensch sein kann, was ja offenbar als zweifelhaft gilt. Heute abend liest Peter Dörfler hier in der Musikhochschule aus eignen Werken. Ich hoffe, hinzukommen, wenn mir nicht noch etwas dazwischen kommt.

Sei herzlich gegrüsst