Hans Werres an Kaplan Stiesch, 10. September 1942

Feldpostnr. 30452 C

O. U., den 10. Sept. 1942
auf Wache.

Lieber Herr Kaplan!

Lange musste Ihre Post unbeantwortet liegen bleiben. Denn an dem Tage, wo ich Ihren Brief erhielt, musste ich wieder Dienst mitmachen. Nun bin ich wieder soweit wohlauf. Heute stehe ich zum ersten Mal auf Wache und benutze die Freistunden, Briefe, Post zu beantworten. Für Ihren Brief mit Beilage danke ich Ihnen. Selbstverständlich bin ich mit Ihrer Einrichtung einverstanden; Kpl. Amberg macht es schon lange so.

Was in der Jugend los ist, sehe ich aus Ihrem Brief. Aber – und das schreibt mir auch Jochen von den Jungen selbst hört man nichts. Kann keiner von ihnen einmal schreiben? Wie ist es mit dem Rundbrief, der Soldatenkorrespondenz?

Das ist fein, dass Sie Dörfler selbst hören konnten. Ich bin gespannt auf die Novelle. Sind übrigens die Gaben schon angekom-

men.? Schade, dass Sie sie nicht schicken können. Ich habe hier noch Lützeler: „Kunst der Völker“ u. Cyriel Verschaeve: „Die Wende in der Kunst“ erwischt. Mein ganzes Geld ist dabei drauf gegangen. Aber ich bin froh darum. Heute will ich im Anschluß an meine Schreiberei einen Blick hineinwerfen.

Die Kameraden sind zu einer größeren Übung draußen. Herrliches Wetter! Schade, dass ich nicht mitkann. Alle Zeichen sprechen für einen baldigen Abschluß der Ausbildung. Dann wird diese Unterkunft nicht länger der Ort unseres Bleibens sein. Wohin’s dann geht!... Vielleicht in Urlaub? Ich bin immer Optimist.

Noch zwanzig Minuten bis zur Ablösung. Ich will schleißen. Grüßen Sie die Kameraden.

Herzlich Heil

Hans