Josef Rick an Kaplan Stiesch, 11. September 1942
Herford, den 11. September 1942.
Lieber Herr Stiesch!
Sie müssen vielmals verzeihen, wenn ich erst heute zu Ihrem Brief antworte. Nicht Unacht-samekeit führte dazu, sondern eine erhebliche inner- und außerdienstliche Beanspruchung. Ich war zwar inzwischen sogar zweimal in Köln, aber diese Wochenendurlaube bedeuten für die Angehörigen soviel, dass sie einen keine stunde entbehren möchten. Auch gibt es im jetzigen Stadium der Dinge vielerlei Überlegungen, die samt und sonders mit Bedacht ange-stellt werden wollen. Ich habe seinerzeit bereits Hans Werres gegenüber betont, dass er leider nicht mit einer aktiveren Betätigung meinerseits rechnen kann. Die Gründe konnte ich ihm nicht darlegen, hoffe Sie [sie] Ihnen jedoch bei einer doch gelegentlich fälligen Zusam-menkunft entwickeln zu können. Ich fühle die Notwendigkeit, nach langen Jahren intensiver Arbeit nach außen, meine weiteren Pläne in der Stille reifen zu lassen. Die Dienstzeit macht die Situation nicht einfacher.
Es erfüllt mit Freude, wenn Sie von Ihren Erfolgen berichten dürfen. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass in Bickendorf die Jugend lebendig mitmacht. Das Pfarrleben, so wenig ich al-lerdings „mitbekomme“, scheint mir recht erfreulich. Sie wissen, dass wir von Düsseldorf-Mitte nichts besonderes gewohnt sind. Es fehlt gottlob die große Masse der Pseudo-Katholiken dieser halb protestantischen Stadt. In Köln bin ich schnell sehr heimisch geworden, obschon mich die Vororte auch hier nicht speziell begeistern.
Von Hans Werres erhielt ich kürzlich Nachricht. Ich schrieb ihm gestern. Ich freue mich, dass er zu einer angenehmen Truppe gekommen
ist. Ich meine angenehm im produktiven Sinn. Nachrichtenleute müssen immerhin etwas mehr kennen als Gewehr und MG. Die Königin der Waffen wird zwangsläufig mit vielen Menschen vollgestopft, die mit Unwillen und großer Lässigkeit dabei sind.
Literatur ist mir auch hier noch zugänglich, gottlob. Meine Frau hält mich in rührender Weise über alle Ereignisse auf dem Laufenden, sofern ich nicht schon selbst durch eifrige Lektüre Einblick gewinne. Das eigne Schaffen ist allerdings recht beschwerlich, fast ausgeschlossen. Möglichkeiten einer Sammlung fehlen naturgemäß fast ganz. Des abends ist man meist sehr abgespannt und die Woche viel zu rasch zu Ende.
Für Ihre Aufmerksamkeiten möchte ich Ihnen jedenfalls recht lieb danken. Es tröstet, zu er-fahren, dass das Wenige, das aufgezeigt und einer grösseren Allgemeinheit zugänglich ge-macht werden konnte, gerne und mit gutem Gewinn aufgenommen wird. Die Zukunft ist uns also keineswegs verschlossen. Nun, - wir leben ja in ihr.
Also mit den besten Wünschen und Grüßen
IhrJosef Rick