Kaplan Stiesch an Rudi Conin, 16. September 1942
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
16. September 42
Rudolf!
Für Deinen ausführlichen Brief mit der schönen Schilderung der Wälder und der Fjorde recht herzlichen Dank. Ich habe ihn Montag abend in einer Gruppe vorgelesen: Bayarth, die beiden Leopold, Otto Schwarz, Karl Heinz Deussen. Zu der Gruppe gehören noch eine Reihe, die jetzt leider zur Zeit in vormilitärischer Ausbildung sind und daher fehlen zB Werner Wulf, J Müller, Vossel, Heribert Faber, Karl Egon Klein, Josef Kann. Manche davon tun in letzter Zeit gut mit, am besten Werner Wulf. Ich dachte schon mal, er könne wohl eine Gruppe übernehmen, da Franz Karl Werner leider nicht mehr mittut.
Anbei ein Lied vom Norden was mir sehr gut gefällt. Ich musste gleich daran denken, als ich Deine Schilderungen las. Und das andere Lied hat ja Franz Ley gedichtet und Karl Heinz Hodes vertont. Am Sonntag haben wir es zum ersten Mal in der Kirche gesungen. Leider war es noch nicht sehr überzeugend. Es war leider etwas hoch gesetzt und dann tun die Jungen ja fast überhaupt den Mund nicht auf. An allen Ecken und Enden merkt man dasz Ihr fehlt! Ihr konntet wenigstens noch singen. Peter Haas war grade auf Urlaub da und sagte dasselbe.
Und was haben wir noch für grosse Aufgaben vor uns bis mal erst die Lieder des Kirchenliedes, der Speierer Domfestmesse und die Komplet unser Eigentum sind.
Pfarrhelfer ist jetzt Alfons Geurtz. Er ist zwar noch etwas jung aber er macht sich ganz gut. In der ältesten Gruppe mussich allerdings jetzt meist selbst sprechen, weil Alfons
doch eben vor den andern noch nicht genügend Vorsprung an Alter und Erfahrung hat. Sehr gut machen sich jetzt die Gruppen der Messdiener Günter Kaussen, Helmuth Saure, Heinz Amacher und Josef Werres leiten diese Gruppen und sie machen ihre Sachen sehr gut. Güter ist mit A[d?] (ganze rechte Seite schlecht kopiert, fehlen Buchstaben der letzten Wörter) Ubber in den letzten Ferien mit dem Rad nach Salzburg gefahren und das ist doch schon allerhand für so einen jungen Kerl.
Ich glaube, die Namen der Gefallenen der letzten Wochen habe ich Dir noch nicht geschrieben: Rechtsanwalt Dr Friedri[ch] Rudi HeinenStübenrath, Adolf Höschler Walter Ingennerf Paul Kanis und in dieser Woche Harald Breuning und Rudolf Silcheroth. Du siehs[t,] dasz wieder einige unserer besten als Opfer gefiordert worden sind. Grade bei den letzten beiden war es mir unfassbar, dasz ich sie nie wieder sehen soll, wo ich sie so lebendig und frisch in der Erinner[ung] habe. Auch einer der besten Jungmänner aus Kaiserswerth ist gefallen. Ich war da ja früher Kaplan; der betreffende hatte in dem Apostelsp[iel] von Max Mell den Johannes gespielt und nun ruht er fern im Osten. Man kann es kaum fassen und später werden wir überall die Lücken spüren, wo diese idealistischen selbstlosen Menschen gesta[nden] haben. Hoffentlich ist bald eine Entscheidung, damit das Blutvergi[essen] mal ein Ende hat.
Bei den Jungen haben wir das Leben des hl Paulus durchgesproc[hen] und ich habe mich sehr über das Interesse der Jungen gefreut. Nun i[st] dies Leben ja auch gradezu spannend wie eine Odyssee. Und dann war ein anregende thema die Geschichte des Ordenswesens, der Klöster [und] Mönche.
Ich musste übrigens 600 RM auf ein Sperrkonto der Gestapo einzahlen, weil Kaplan Küpper vom Akazienweg seine Erlebnisse in Afrika bei den Jungen erzählt hat. Dies Thema galt als nicht rein religiös. Wenn bis zum 1 Juli 1944 keine weiteren Verstösse vorliegen, bekomme ich das Geld wieder. - Sehr viel Freude erleb ich im Zusammenspiel mit Josef Möller, Violine und Klavier: Händel und Mozart.
Es macht uns das unendlich viel Freude.
Anbei noch ein Reclamheftchen, wenn Du es gelesen hast, schicke es bitte gelegentlich zurück. Ich lasse es dann unter den andern Soldaten weiter zirkulieren. Wir haben schon eine ganz nette Reihe von diesen Heften. Ich schicke dann immer wieder ein neues.
Nun sei herzlichst gegrüsst von Deinem