Kaplan Stiesch an Peter Haas, 16. September 1942

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1

16. September 42

Lieber Peter!

Für Deinen umfangreichen Brief nochmals recht herzlichen Dank! Ich will nächstens auch ausführlich schreiben. Heute nur einen kurzen Grusz! Anbei ein Reclamheftchen. Ich schicke diese jetzt an Euch rund und erbitte sie zurück, damit sie so immer weiter zirkulieren können. Ich hoffe, die Sammlung immer weiter ausbauen zu können. Gestern habe ich wieder einen ganzen Stoss vom Verlag bekommen. Schreib vielleicht gelegentlich auch mal was Dir gefällt und missfällt. Ich glaube, dasz so ein sehr schönes Rundgespräch unter uns zustande kommt.

Wie es hier geht, hast Du ja im Sonntag gesehen. Vor allem ist kein Mensch da, der ordentlich singen kann. Und dabei haben wir Aufgaben genug. Das Kirchenlied, die Speierer Dommesse, die Komplet all das muss unser Eigentum werden.

Wenn ich es könnte, würde ich Dich sofort reklamieren schon allein um des Singens willen.

Die Paulusabende waren wohl ein Erfolg. Ich habe mich sehr über das Interesse der Jungen gefreut. Jetzt wollen wir beginnen, Goethes Faust zu lesen und von unserer Weltanschauung und Religion aus zu betrachten. Ich hoffe, dass das auch anregende Abende gibt. Leider leiden die Gruppen der Jüngeren sehr unter dem Führermangel. Franz Karl Werner tut leider nicht mehr mit. Warum weiss ich nicht. Er sagt, dass er zuviel zu tun habe. Aber das hatte er ja vorher auch.

Ein interessantes Thema war auch die Geschichte der Orden der Mönche und der Klöster. Ich habe da vom Pfarrer ein schönes Buch geliehen: Soldat und Mönch. Hier sieht man den Lebensstil in einer Abtei wie Maria Laach. Wer dazu berufen ist, mag da sein Lebensglück finden. Auch sonst gab es anregende Fragen nach dem Klosterbesitz, den Ursachen unserer heutigen Klosterfeindschaft uä.

Sei herzlich gegrüsst Dein