Kaplan Stiesch an Willi Küppers, 17. September 1942

[ohne Scan]

17. September 42

Lieber Herr Confrater!

Zunächst wünsche ich Ihnen in Ihren schwierigen Umständen alles Gute. Mit Hans Kreuser war ich kürzlich im Kino und habe mal wieder einige Bilder aus Afrika in der Wochenschau gesehen. Hans Kreuser kannte einiges gleich wieder zB das Lazarett in Derna, in dem er gelegen hatte, in der Wochenschau war grade zu sehen, wie der Duce da Besuche machte.

Wie Sie schon gehört haben, sind wieder einige der besten in der Pfarre gefallen: Harald Breuning und Rudolf Silckeroth. Sie sollen ruhen in Frieden. Es ist ja eine Tragödie, dass es meist grade die idealistischen und besten unter uns zuerst trifft. Es ist das fast wie ein Naturgesetz und der Führer hat in seinem „Kampf“ ja auch die Gründe dafür dargelegt.

Nun ist mein Vetter Konrad Friesenhahn auch nach Afrika unterwegs. Er hat sehr viel schon ertragen müssen in Polen Frankreich und vor Leningrad, wo er verwundet worden ist. Es könnte ja immerhin sein, so gross wie die Feld und die Fronten sind, dass Sie sich doch einmal sehen Obergefreiter Konrad Friesenhahn Feldp Nr 11 197 A. Es haben sich auch von den Bickendorfer Jungen schon manche an den entferntesten Fronten getroffen unter den unglaublichsten Umständen. Ein Treffen zwischen Hans Kreuser und Herrn Meurer in Athen habe ich ein wenig vermitteln helfen.

Wissen Sie übrigens, dasz Ihr Abend damals unter den Jungen und Mädchen hier noch ein Nachspiel hatte? Weil es auf der Strasse nach der Stunde schon dunkel war, wurde eine Anzahl von Jungen der Polizei mitgeteilt. Diese gab die Sache der Geheimen Staatspolizei.

Diese beanstandete, dasz der Bericht über Afrika kein „rein religiöses Thema“ gewesen sei und deshalb musste ich 600 RM auf ein Sperrkonto einzahlen. d H. Dieses Geld bleibt bis zum 1 Juli 1944 gesperrt. Wenn bis dahin keine weiteren Verstösse vorliegen, bekomme ich das Geld wieder, sonst verfällt es zu Gunsten der NSV bezw des WHW.

Die Arbeit mit den Jungen macht zur Zeit manche Freude. Ich spreche das Leben des Hl Paulus durch nach dem schönen Buch von Holzner. Manches liest sich spannend wie eine Odyssee. Ich freue mich über das rege Interesse der Jungen an einem solchen nicht leichten Stoff.

Von den Zerstörungen in Köln und ähnlichem werden Sie mehr als genug gehört haben. Was sollte ich davon mehr erzählen. Man empfindet jeden alarmfreien Tag und jede solche Nacht eben viel mehr als Geschenk. Und so gibt es doch auch immer wieder schöne Stunden.

Trösterin ist manchmal die Musik. In der Pfarre wohnen einige tüchtige Musiker: Der Geigenspieler Herr Lohr aus dem städt. Orchester und der Herr Engelskirchen, der ausgezeichnet am Piano begleitet. Da vergisst man schon einmal für eine Stunde die Not der Zeit.

Hans Werres ist inzwischen auch eingezogen. Er schrieb Ihnen ja schon einmal ein wenig. Jetzt ist Alfons   Geurtz Pfarrhelfer. Die geistige Reife wie Hans Werres hat er noch nicht aber viel jungenhaftes Wesen und ich hoffe, dasz dieser   Winter uns in der Jugend ein gutes Stück vorwärts bringt. Am wenigstens zufrieden bin ich mit unserem Sinne. Es fehlt ein so guter Vorsänger wie der Peter Haas einer war. Und der Aufgaben sind noch viele, wenn wir das Kirchenlied zu unserem Eigentum machen wollen.

Nun seien Sie recht herzlich gegrüsst von Ihrem