Gerhard Schneider an Kaplan Stiesch, 6. Oktober 1942

Werter Herr Stiesch!

Die herzlichsten und gesündesten Grüßen sendet Ihnen Gerhard Schneider. Zum Anfang möchte ich Ihnen gleich mitteilen, bitte nicht auf die Schrift zu achten, denn an der Front hat man kein Tisch, so muß man sich mit dem Knie zufrieden geben. Am 4.10.92 erhielt ich Ihren lieben Brief vom 16.9.42 anbei mit Heftgen, dafür meinen besten Dank. Nun möchte ich Sie auf meine Antwort nicht zulange warten lassen, denn die Post geht ja so wie so schon lange genug. Ich kann Ihnen offen und Ehrlich sagen, das Heftgen hat mir gut gefallen und es ist so mein Geschmack. Es sind noch mehr Kameraden gewesen die es gelesen haben und freuen sich genau so auf die andern Hefte, als ich. Denn soviel Ruhe hat man immer um am Tage son kleines Heftgen zu lesen. Jetzt geht es ja auch dem Winter zu da hat man bestimmt Zeit satt. Ja das ich so lange nichts mehr von mir hören ließ, war nicht meine Schuld. Wir haben weniger Zeit wie die kämpfenden Infanteristen. Wenn wir nicht mit der Infanterie kämpfen, bekommen wir gleich andere Aufträge. Dann fahren wir und

spähen in Feindeslinie auf. Also wir sind immer die ersten die mit dem Feind Fühlung nehmen, und stellen fest wie stark dem Feind seine Feuerkraft ist, danach wird die Infanterie eingesetzt. Also es ist nicht so herlich wie man es sich vorstellt. Ja wenn man dann mal Zeit bekommt um zu schreiben, dann denkt man erst an die Eltern und verwandten. Es ist schon oft vorgekommen das meine lieben 5 Wochen keine Post bekamen. Dann kann man die Unruhe von zuhause sich vorstellen, anderseits ging es mir so, durch dem schnellen vorstoßen. Mir geht es gesundheitlich ganz gut. Ich kann Ihnen wohl sagen das ich schon manchen Sturm von der Offensieve erlebt habe und bis jetzt noch keine anständige Ruhe gehabt habe. Meine erste Feuertaufe bekam ich am 28.6.42 da dachte ich die Welt ging unter, ich kann wirklich sagen, das der Herrgott mich gut beschützt hat, denn mein Tod sah ich oft vor den Augen. Mich wundert es gar nicht wenn ich von der Heimat höre der und der ist verwundet, ich staune immer das es unser einem gut gegangen hat. Einen der noch kein Krieg erlebt hat, weiß gar nicht wie er an sein Leben hängt, wenn es hart auf hart geht. In diesem Sinne will ich schließen und hoffe das diese Zeilen Sie so gesund antreffen wie sie mich verlassen haben. Die Hefte die ich gerne lesen möchte zeichne ich mit Bleistift an.

Es grüßt Sie von der Front

Gerhard Schneider.