Kaplan Stiesch an Theodor Buiting, 12. Oktober 1942

Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1

12. Okt 42

Lieber Theo!

Also bei Euch daheim ist auch einiges zerstört. Da muss man ja schon froh sein, wenn überhaupt alle unverletzt und gesund geblieben sind. Ja ja, das Opernhaus. Hier steht auch der Berliner Spielplan in der Zeitung. Und dann denke ich an Dich. Gestern stand da Salome ausverkauft. Entweder hat er auch eine Karte, und daher ist ausverkauft oder er hat keine mehr bekommen.

Seit meinem letzten Brief war ich zweimal krank und musste 8 Tage zu Bett liegen. Ich bekomme alle Kinderkrankheiten nachträglich, so jetzt die Mandelentzündung.

Letzte Woche war ich [in] Düsseldorf bei meinen Geschwistern. Auch hier ist viel passiert. Allerdings sind die Vororte und meine Geschwister verschont geblieben. Aber die Königsallee, die Visitenkarte des Westens sieht ordentlich traurig aus. Alle Schaufenster sind so ziemlich zugenagelt mit Brettern.

Hatte ich Dir schon geschrieben, dasz Dein Kollege, der Hermann Wengelski gefallen ist. Er war Gärtner bei Dr Kaufhold; ich habe ihn immer sehr hoch geschätzt. Er war ein ganz aufrechter und ehrlicher Charakter. Nie vergesse ich, wie er so schön den Johannes im Apostelspiel von Max Mell gespielt hat, als ich 1935 in Kaiserswerth als Kaplan anfing.

Anbei ein Heftchen zum Lesen. Am schönsten finde ich die Geschichte von der Notleine Seite 60. Wenn Du das Heftchen aus hast, schick es bitte gelegentlich um. Ich lasse diese Heftchen unter den Soldaten zirkulieren. Ich habe eine ganze Menge angeschafft. Es sind sehr schöne Novellen darunter vor allen die

von Peter Dörfler.

Hier ist sonst nicht viel Neues. Ich habe viel Arbeit mit den Jungen der Pfarre. Aber es macht auch viel Freude. Christkönig geht die Jugend von Köln in den Dom und der neue Erzbischof wird zur Jugend sprechen. Du hast sicher gehört, wie es in Essen gewesen ist. Er trifft ja wohl überall den richtigen Ton und man sieht ihn mal. Er mischt sich unter die Leute. Öfter fährt er zur Schwester oder er geht mal in ein Konzert usw. Früher hat man so etwas doch alles nicht gekannt.

Nun sei also herzlich gegrüsst von Deinem

Schreib mal ob Du das Heftchen lustig fandest.