Kaplan Stiesch an Peter Haas, 12. Oktober 1942
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
12. Oktober 42
Peter!
Für Deinen Brief danke ich herzlich und heute ein wenig ausführlicher als gestern. Wir hatten gestern Gemeinschaftskommunion. Dein Bruder Otto und Josef Kreuser und Ludwig Kreuser waren auch. Nach der Messe standen wir vor der Kirche. Otto meinte, Du würdest auch vielleicht auch bald ausrücken. Falls das der Fall sein sollte, dann wünsche ich Dir, dasz Du unverwundet wieder kommst und nicht allzu viel unter den klimatischen Verhältnissen zu leiden hast. An Peter Pütz habe ich auch einen kurzen Grusz geschrieben. Die Eltern sagten mir, dasz er wohl am 15 Okt ausrücke. So geht das alles schneller als man es erwartet. Der Kaplan Wessiepe von Bruder Konrad und mein Vetter, der Kaplan in Werden ist müssen auch am 15 weg. Auch der Heinz Leopold. Ihm verdanken wir die Anregung zu einem Zyklus über Goethes Faust. Heute abend wollen wir weiter daran arbeiten. Du schreibst da von Diskussion die Du mit anders Gesonnenen hast. Es wäre ja sehr aufschlussreich zu hören, was solche denn vorbringen. Vielleicht kann man doch die eine oder andre Frage lösen. Bei jedem Ehrlich suchenden muss man ja schliesslich voraussetzen dasz sie letztlich doch die Wahrheit suchen also auch schliesslich zu Gott als dem Urquell der Wahrheit kommen müssen. Es gibt auch unbelehrbar gehässige, mit denen eine ernsthafte Auseinandersetzung unmöglich ist, weil sie aus ihren Vorurteilen gar nicht herauswollen. Sonst ist es aber doch immer noch so, dasz eine starke Überzeugung immer noch Achtung findet. Der Herr Mühlfahrt hier aus der Pfarre erzählt davon manchmal merkwürdige Beispiele.
Die Untergruppe hat jetzt Hans Dahm. Alle 14 Tage halten wir Diakonat und so hoffe ich, dasz die Zahl der Führer allmählich wieder grösser wird. Augenblicklich bereiten wir tüchtig vor für das Christkönigfest. Im Dom ist Gesungene Messe der Jugend mit dem Erzbischof: 8 Messe von den Engeln. Der Bischof wird predigen. Überall trifft er den rechten Ton und den Weg zum Herzen der Jungen. Man sieht ihn auch öfter in der Stadt in der Strassenbahn, im Konzert, er geht sogar Schwimmen. Einen so modernen Bischof haben wir lange nicht gehabt. Der Vater Geurtz ist gestorben. Ein Rechtlicher aufrechter Mann vor dem ich grösste Hochachtung hatte. Er ruhe in Frieden. Die letzten Gefallenen wirst Du wohl nicht kennen: sie sind alle älter: Hans Schneider, Heinz Trippel und Peter Franzen. R i p.
Peter Pehl hat einen sehr schönen langen Brief geschrieben über seine Verwundung. Er hat noch Glück gehabt nur an der linken Hand. Hans Eiermann ist schwerer mitgenommen worden. Die linke Seite ist überall verwundet, auch der linke Arm ist ziemlich mitgenommen. Hast Du Gelegenheit dort Radio zu hören? Sonntags abends ist meistens etwas schönes von 6 – 7. Vorigen Sonntag war das Klavierkonzert von Beethoven Nr 5 in Es dur zu hören. Da bin ich immer ganz weg, wenn ich das mitbekomme. Eine solche männliche und heroische Musik.
Nun sei herzlich gegrüsst Dein