Kaplan Stiesch an Ernst Jacobs, 10. November 1942

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf     Schlehdornweg 1

10. Nov 42

Ernst!

Für Deine Zeilen herzlichen Dank. Ein kleines Stücklein Deines Geistes ist zur Zeit unter den Jungen wieder gegenwärtig: Deine Zeichnung mit den Wache haltenden Jungen. Sie hat dem Günter Kaussen offenbar so gefallen, dasz er sie mal wieder in den Rahmen getan hat.

Für Dich kann es ja wohl einen Gewinn bedeuten, mal in ein anderes Land zu kommen und fremde Kulturen und Menschen zu studieren. So wenig man schlieszlich mit den Menschen auch zusammenkommen mag, dem sehenden Auge wird sich vieles vom Geist des Landes erschliessen, wenn man die Bauten studiert, die religiösen und volklichen Zustände und überhaupt aufgeschlossen ist. Wenn ich eingezogen werden sollte würde ich auch lieber zB in Wien ausgebildet werden als in Iserlohn.

Die Arbeit hier geht rüstig weiter. Wir haben einen Zyklus über den hl Paulus und einen über Goethes Fast und das katholische Weltbild gehalten. = Hans Meiers ist in Urlaub vom RAD zurück. Karl Heinz Hodes wird auch dieser Tage kommen. Letzte Woche war ich mit Josef Müller im Konzert. Wunderbar die Welt Mozarts und Haydns, wie ein Grusz aus einer besseren und schöneren Welt, daneben dann das Heldenleben von Richard Strauss, man meinte Maschinengewehre zu hören und die Kriegsfanfaren.

Nun wünsche ich Dir alles Gute! Hoffentlich wirst Du nicht allzu sehr überanstrengt! Mit herzlichem Grusz Dein