Hans Friesenhahn an Familie Stiesch, 22. November 1941

Soest, den 22. XI. 42

Meine Lieben!

Meine Mutter hat mir einen an Euch adressierten Briefumschlag geschickt, sodaß ich nun moralisch verpflichtet bin, endlich den Brief an Euch loszulassen, den ich schon immer vor-hatte. Ich bin kein Schriftsteller wie Konrad, u. kann nicht den verschiedenen Leuten Ver-schiedenes schreiben. Nun bin ich bald 4 Wochen Soldat u. ganz erheblich „umgeschult“ worden. Die Lebensweise ist ganz unkompliziert geworden. Man denkt nicht weiter als mor-gen. Ich bin froh, dass ich von jetzt ab wenigstens jeden Sonntag zelebrieren kann. Ich tue das bei Nonnen, die ein Lazarett betreuen, u. da ist jeder Besuch mit einem prima Essen verbunden. So haben Leib u. Seele etwas davon, u. die Harmonie des ganzen Menschen ist gesichert. Mit der Zeit kriegt

man ein dickes Fell gegen alle Anschnauzereien u. Schikanen. Man lernt die Tricks u. was alles nötig ist u. kommt ganz gut zu Rande. Heute ist gerade Sonntag u. die paar Stunden Ruhe lassen alle Strapazen der Woche vergessen. Im übrigen hoffen wir, dass der Krieg bald zu Ende geht; ich bin dann wenigstens mitdabei gewesen u. kann wenigstens ein ganz klein wenig mitreden. –

Mit herzl. Grüßen

Hans