Konrad Friesenhahn an Familie Stiesch, 29. November 1942

29.11.42.

Meine Lieben!

Herzlichen Dank für Wörterbuch und Rußlandkarte. Es wurde mir, da es in die Zeit meines Namenstages fiel, zu einem wirklichen Geschenk. Die Karte ist besonders wertvoll, weil sie den mittleren Osten darstellt, den ich je noch zu sehen hoffe.

Für Rudi muß ich noch auf einen Brief vom 16.9. Bezug nehmen, dem er „Jenseits des Meeres“ von Th. Storm beilegte.

Rudolf schreibt, dass er sich nur noch dunkel seines Inhalt bewusst wäre, ich empfehle ihm es nicht mehr in’s Feld zu schicken. Storm kann sich das wohl noch erlauben, doch steht diese Kriegsgeschichte im größten Gegensatz zu unserer heutigen Runenauffassung (???). So etwas kann schief ausgelegt werden. – Heute am 1. Adventsonntag war ich in einer Stadt und lauschte in der Frühe der Dämmerung dem Chorsingen in einer russischen

Kirche. Ich wagte mich erst nicht hinein, da die Leute das falsch auslegen könnten. Sie wittern überall Spione und Nachstellungen. Und eine aufklärende Vorlesung kann ich abgesehen von der Heiligkeit des Ortes schon um des Unvermögens meiner Sprachkenntnisse nicht halten. Es war auch so schon ein Erlebnis an der Mauer gelehnt zuzuhören. In dieser Kirche lebt auch eine ehrfurchtgebietende Größe und wenn wir heute

von Russland sprechen, dann vergessen wir niemals, dass neben dem Sowjet und Bolschewik auch dieses andere alte und neue Russland wieder in’s Leben tritt. –

Was macht Rudolf’s Gestellungsbefehl? War damals nicht etwas im Gange? Ich erinnere mich so dunkel daran. – Wenn es möglich ist dem Lesezirkel beizutreten, dann mache ich selbtsverständlich gerne mit.

Herzlichst mit Dank!

Euer Konrad

29.11.42.

Lieber Rudolf!

Mit Dank zurück. Ich schrieb hierzu etwas im Brief vom 29.

K.