Rudi Conin an Kaplan Stiesch, 1. Januar 1943

Neujahr 1943

Hochwürden!

Ihnen und allen Kameraden zum Jahresbeginn einen frohen Gruß.

Wieder stehen wir weit auseinandergerissen in sämtlichen Gegenden Europas. Und dennoch sind in diesen Stunden die Gedanken aller Kameraden draußen eine große Runde. Wir sitzen im Geiste wieder an den Feuern wie in den Vorjahren. In diesen Stunden hielten wir dann Rückblick über das vergehende Jahr und gleichzeitig aber auch Vorschau auf das, was es nun zu leisten gilt. So sitzen wir nun diesmal,

wenn auch nur bei einer Kerze, auch wieder vor dem Feuer und halten Rückblick. Rechenschaft wollen wir für uns selbst über uns selbst. Haben wir in dem scheidenden Jahr unsere Pflicht getan, so wie wir es beim letzten Neujahr vornahmen? Haben wir unser Feuer am brennen gehalten in den Stürmen dieses Jahres? Es wäre fein, wenn ein jeder dieser Frage mit einem ehrlichen „ja“ beantworten könnte.

Aber auch Vorschau wollten wir ja halten. Die Arbeit die es zu leisten gilt, ist dieselbe. Sie ist auch nicht kleiner geworden, eher noch größer. Härter noch werden wir zu kämpfen haben. Noch größere Opfer werden wir auf uns

nehmen müssen. Aber all das wird uns gelingen, wenn wir immer unser Ziel vor Augen haben. „Für Gottesreich in unserem Land.“

So feiern wir Neujahr in stiller Besinnung und nicht wie die Kameraden unserer Umgebung mit Krach und Sauferei. Sinnlos taumeln sie von einem in das andere Jahr, ohne die Grösse zu spüren.

Wir wollen den Herrn nun nur bitten, dass er uns seinen Segen gibt auf unsere Arbeit, denn ohne seinen Segen wird uns nichts gelingen.

Aber auch der Kameraden wollen wir gedenken, die in dem vergangenen Jahr ihren Einsatz mit dem Leben zahlten. Sie haben uns alle ein

Leben vorgelebt und sind uns auch vorgestorben.

In dieser Stunde grüße ich Sie und alle Kerle recht froh und herzlich.

Heil!

Rudi