Hans Meiers an Kaplan Stiesch, 6. Februar 1943

Bielefeld, den 6. Febr. 43

Sehr geehrter Herr Kaplan.

Vor einigen Tagen erhielt ich Ihren Brief, wofür ich danken möchte. Hier verläuft ein Tag wie der andere. Über allem steht der Grundsatz: lernen, lernen nochmals Lernen. Da bleibt dann abends nicht mehr viel Freizeit übrig. Da unsere Ausbildungßeit ziemlich gekürzt ist, müssen wir uns dahinterhalten, denn alle die nachher nicht mitkommen, sollen zur Infantrie versetzt werden, und dafür hat auch keiner Lust. In zwei bis drei Wochen werden wohl die ersten in Wochenendurlaub fahren dürfen. Hoffentlich bin ich dann auch dabei. Letzten Sonn-

tag war geschlossener Kirchgang. Ich war ziemlich verwundert, als sich der größte Teil zum Kirchgang meldete. Die Ausbilder machten fast alle verdutzte Gesichter. Überhaupt ist der größte Teil meiner Stubenkameraden katholisch. Als wir nun zum Kirchgang bald fertig waren, hieß es auf einmal: 4 Mann zur Küche. Ausgerechnet war ich auch dabei. Meine Wut können Sie sich wohl vorstellen. Über religiöse Probleme haben wir auch schon öfters abends gesprochen, besonders über Menschentötung u.s.w. Da ein Gottgläubiger unter uns ist, der seinen Standpunkt stark vertritt, kommen wir immer wieder zu dem Endergebnis und das ist da wo wir anfingen.

Nun verbleibe ich mit den herzl. Grüssen

     Ihr  
Hans Meiers