Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 5. März 1943
Holland, am 5. März 43.
+Rudolf!
Nun habe ich Dir gleich für einen doppelten Gruß zu danken. Die Grüße hin und her, auch mit den Kameraden draußen, sind im Augenblick ziemlich rege und das ist eigentlich [das] Schönste, was uns hier draußen geschenkt wird.
So allerlei gibt’s heute Neues: Endlich bin auch ich einmal auf einer unserer Nachr.-Stellen eingesetzt worden und zwar nach vollendetem U-Lehrgang gleich als Wachgruppenleiter. Unsere Stelle ist eine der interessantesten im gesamten besetzen Westen. Mehr darf ich Dir nicht sagen. Meine neue Belegschaft sind – diesmal – das staunst Du, wohl? – vier Lw.Nachr.-Helferinnen. Ich bin einmal gespannt auf die Zusammenarbeit. An und für sich stehe ich dieser neuen Begegnung nur positiv gegenüber, es ist gut, wenn man auch in diese Welt einmal hineingeschaut hat und sich darin etwas ungezwungen bewegen kann. In oft allzu berechtigter Abwehr ist man in diesen Dingen auf der anderen Seite vielleicht manchmal zu eng und wirkt dadurch steif und unbeholfen. Du sollst da im Kommenden mehr davon hören.
Der Dienst brachte auch noch manche Veränderung. Durch die Diensteinteilung habe ich nebenher wieder sehr viel Zeit für mich. So etwa läuft der Dienst: Ein Tag von 1300-1900 Uhr, am nächsten Früh:0800-1300 und Nachtdienst 1900-0800, dann 1 ½ Tage frei bis zum übernächsten Nachmittag und der Laden geht von neuem los. Etwas von der freien Zeit braucht man ja wohl, um den versäumten Schlaf nachzuholen. Eine Voraussetzung zur Arbeit: Zeit ist erfüllt, eher auch das andere Problem: Ruhe ist glänzend gelöst. Ich habe ein eigenes
Zimmer für mich bekommen, da ist’s dann ganz von selbst ruhig. Und nun habe ich einen Plan:
Werner N. schickte mir kürzlich einen von W. Vianden zusammengestellten Schrieb, der an und für sich zum Christfest gedacht war, aber so lange bis zu mir gebraucht hatte. Ein feiner Gedanke!
Ich will nun darangehen, einen solchen Schrieb zu Ostern zusammenzustellen und bitte Dich um einen kleinen Beitrag dazu. Muß aber schon recht bald kommen, damit die Sache auch vor Ostern noch klappt. Wir hier draußen müssen uns mehr und mehr bereiten für die große Aufgabe, die die Heimkehr uns stellen wird: daß wir dann ganz reif sind - soweit es in unserer Kraft liegt – und gewachsen in der Gnade, um Hand anzulegen an das Reich Gottes in unserem Volk, in deutscher Jugend. Und wir müssen – alle – einander helfen auf diesem Weg. Also ich warte mit Spannung!
Hans W. schrieb mir den ersten Brief nach dem Urlaub: er war froh ob der Arbeit, die er trotz allem noch bei den Jungen der Heimatstadt fand. Besonders Helmut Saure hat ihm viel Freude gemacht. Er scheint auch mir einer der Besten. Wie schätzt Du denn seine Arbeit? Will ihm doch einmal schreiben, vielleicht lässt sich von ihm ein Gruß erhaschen.
Nun genug für heute.
Dir, Deinen lb. Eltern und allen jungen der Pfarre
Heil und frohen Gruß
Jochen