Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 7. März 1943

Holland, am Sonntag, dem 7.3.43.

+Rudolf!

Heute feiern wir Bergfest, d.h. der Gipfel unserer Lehrgangszeit ist erklommen, es geht wieder bergab, am 29.d.M. ist das schwere Werk geschafft. In der kommenden Woche beginnen wir die Fastenzeit, eine Zeit, die in meinen augenblicklichen Dienst und seine Anforderungen passt. Ich will versuchen, seine Härte in den Sinn dieser Zeit der Zucht hineinzutragen. Froh bin ich darum, daß ich bisher jeden Sonntag meines Lehrganges am Nachmittag beim Hl. Mahl sein konnte. Es sind Stunden der Besinnung und der Ausrichtung auf die

kommende Woche. –

In den nächsten Tagen wird Hans Werres in Urlaub kommen. Ich bin droh, daß ihn sein Soldatenleben so geformt und gereift hat, man kann das aus jedem seiner Briefe spüren. Vielleicht wird er ein wenig daran tun können, daß uns einer der Jungen regelmäßig schreibt. –

Den Leo Schmitz habe ich von Pfarre und seiner neuen Heimat – er wohnte im Hause eines Kameraden unserer n.d. Gruppe – gekannt. Erst eine kommende Zeit wird uns all die Lücken merken lassen, die der Krieg gerissen hat. Mir ward in den letzten Tagen eine große Freude geschenkt: Ein Kamerad aus unserem Bonner Kreis entging durch einen

glücklichen Zufall, er kam nach Urlaubsende nicht mehr in den geschlossenen Ring, dem Schicksal seiner Kameraden von Stalingrad. In den letzten Tagen war er bei meinen Eltern, auf der Durchfahrt zum Westen. Meine Freude kannst Du Dir vorstellen.

Nimm mit diesem Herzensgruß für heute vorlieb. Es grüßt Dich und die Jungen der Pfarre    

in Treue    

Jochen