Josef Niederwipper an Kaplan Stiesch, 27. März 1943

27.3.43.

Sehr geehrter Herr Kpl!

Vor einigen Tagen habe ich Ihre lieben Zeilen erhalten und mich sehr darüber gefreut. Die Einheit der Ihr Vetter angehört ist leider weiter für mich unerreichbar. Schade, man trifft zu gern mal dann und wann jemanden, mit dem man über die liebe Heimat reden kann. Die Wochen und Monate, da wir in großer Bedrängnis waren, liegen nun schon wieder weit hinter uns. Unvergeßlich bleibt manches, doch andere Ereignisse liegen dazwischen. Die Front steht fest und bald geht es wieder umgekehrt. Möge unser Herrgott geben, daß der Sieg unser wird.

Mir geht es gut und mit Gottes Hülfe werde ich auch gesund die Heimat wiedersehen. Von dem … Gebet schrieb mir meine Frau auch, ebenfalls von der allgemeinen engeren Beteiligung in der Kirche. Das Gebet der Heimat haben wir nötig, wenn wir auch hoffen, daß unser Herrgott mit dem Wenigen was wir tun vorlieb nimmt und unsere Pflichterfüllung mitrechnet. Für die seelsorg. Betreuung haben wir in unserer Division einen kath. und ein evang. Kriegspfar

rer und da ist es selbstverständlich nicht jeden Monat 1 x möglich eine hl Messe zu hören. Es dann manchmal wie ein Geschenk Gottes, wenn man hört, daß irgendein San.Gefreiter oder ein Grenadier in seinem Quartier die hl. Messe zelebriert. Und ich glaube, wenn die Heimat begriff, wie segensreich gerade das Einziehen der Geistlichen zur Truppe manchmal sein kann, dann würde sie solches weniger als Druck, wie eine besondere Fügung ansehen. Solche Feiern sind dann jedes Mal etwas Unvergessliches.

Meine erste hl. Messe seit Dreikönigstag war z.B. am vorigen Sonntagabend. Ein San. Unteroffizier unseres Div.-Stabes las in seiner Stube, (die Wirtsleute sind zufällig auch röm. kath.) für fünf Mann die hl. Messe. Es ist ein Erlebnis besonderer Art, ein Gefühl wie es die Katakombenchristen gehabt haben mögen, und es kommt einem zum Bewusstsein wie wir doch eine Familie sind, so oft zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind.

Im Übrigen hoffe ich bald Urlaub zu bekommen u. werde Ihnen dann persönlich noch mal für Ihren lieben Brief danken. Mit herzl. Grüßen, auch an Ihre Eltern

   Hochachtungsvoll
   Josef Niederwipper