Kaplan Stiesch an Dieter Sauret, 8. April 1943
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
8. April 1943
Lieber Herr Sauret!
Für Ihre Zeilen recht herzlichen Dank und ich freu mich mit Ihnen auf den urlaub. leider ist der junge Geigenspieler, den Sie damals kennen lernten, nun auch zur Flak eingezogen als Flakhelfer. Sie haben sicher davon gehört, dasz die Jungen der Oberklassen der Gymnasien jetzt dazu herangezogen werden und ausserdem der Unterricht weiterläuft. Aber inzwischen ist ein tüchtiger Organist namens Karl Heinz Hodes aus dem RAD entlassen und es wäre schön, wenn Sie sich mal kennen lernten. Er ist krank und es wird noch einige Zeit dauern, ehe er zum Militär eingezogen werden kann. Er hat die rheinische Musikschule absolviert.
Mein Bruder ist inzwischen auch eingezogen worden und wird in Soest als Sanitäter ausgebildet. Ich habe ihn schon besucht. Anbei ein Heftchen, das mein Vetter aus der Kalmücken-steppe gerettet hat. Es sollte beim Rückzug mit verbrannt werden wie alles was wir zurück-lassen mussten. Dieser Vetter hat einen besuch beim russischen orthodoxen Bischof von Taganrog gemacht. Dieser hat ihm eine sehr feine alte Ikone geschenkt und auf die Rückseite in russischer Schrift geschrieben: Du bist eine Rose unter den deutschen Soldaten. Diesen Russlandurlaubern kann man stundenlang zuhören. Unglaublich was sie alles erlebt haben, viel Elend aber auch manche schöne und erhebende Stunde.
Mit herzlichem Grusz verbleibe ich Ihr