Kaplan Stiesch an Josef Niederwipper, 13. April 1943
13 April 1943
Sehr geehrter Herr Niederwipper!
Für Ihre Zeilen recht herzlichen Dank. Anbei ein Heftchen zur Lektüre, wenn Sie mal eine halbe Stunde Langeweile haben sollten. Hoffentlich interessiert es Sie. Ich habe einige Dutzend solcher Heftchen angeschafft, die unter den Soldaten von Dreikönigen zirkulieren. Wenn Sie einen bestimmten Wunsch haben, was Sie gern lesen, will ich ihn natürlich gern nach Möglichkeit erfüllen. Mein Vetter, von dem ich damals den Brief erhielt, auf den Sie den Gruss zugefügt hatten, war vorige Woche in Urlaub. Er erzählte von einem Besuch in einer russisch orthodoxen Kirche in Taganrog. Der Bischof hat ihn nachher eingeladen zum Abendbrot und ihm eine Ikone geschenkt und auf die Rückseite geschrieben: Du bist eine Rose unter den deutschen Soldaten.
Dieser Bischof spricht auch fliessend Deutsch und einige andere Sprachen. Nun stehen wir hier vor den Kartagen, die viel Arbeit machen und viel inneren Trost geben. Da muss ich tüchtig mit den Messdienern proben und zugleich muss noch die Feier der Erstkommunion an Ostern vorbereitet werden.
Ich werde mich sehr freuen, wenn Sie bald Urlaub bekommen und wir uns dann einmal wiedersehen können. Ich hörte gestern, daß Ihre Kinder ja mal in Erholung wegkommen sollen. Das ist ihnen ja von Herzen zu gönnen. Meine Schwester in Düsseldorf ist auch mit allen 5 Kindern nach Süddeutschland gefahren. Wenn dann auch die Familie mal getrennt sein muss, so brauchen die Kinder doch nicht den steten Alarm zu ertragen.
Mit bestem Gruß bin ich Ihr