Kaplan Stiesch an Josef Meurer, 16. April 1943

Lieber Herr Meurer!

Ihre Namenstagswünsche kamen rechtzeitig an, was bei diesen Entfernungen schon etwas bedeuten will! Herzlichen Dank. Also Sie finden auch den Weg zu Bruckner! Mir will es noch nicht so recht gelingen, jedenfalls nicht zu den Sinfonischen Werken, wohl zu den schönen Kirchenkompositionen.

Wissen Sie noch, wie wir die Math Passion im Gürzenich gehört haben! War das schön. Dies Jahr hat fast kein Mensch Karten bekommen. Sie waren im Nu alle weg. Nur Kaplan Fröhlich hat eine ergattert. Na ja, da muss man mal am Radio aufpassen. Hoffentlich wird sie übertragen. Jetzt singen wir öfter auch in der Kirche die Speierer Domfestmesse von Josef Haas. Kennen Sie die? Soll ich Ihnen mal ein Heftchen schicken? Meist spielt sie Herr Engelskirchen oder der Custodis.

Mein Vetter Konrad war kürzlich in Urlaub. Er hat in Taganrog einen russisch orthodoxen Gottesdienst besucht und wurde nachher vom Bischof eingeladen. Er schenkte ihm eine Ikone und schrieb auf die Rückseite: Du bist eine Rose unter den Deutschen Soldaten. Haben Sie dort auch schon mal den griechisch orthodoxen Gottesdienst kennen gelernt? Muss ja sehr interessant sein. Und Ihr Soldatenchor! Das ist ja schön, daß Sie da eine so anregende Tätigkeit haben! Haben Sie schönes Notenmaterial? Soll ich mich mal bemühen, bei Tonger etwas zu besorgen? Oder haben Sie vielleicht bestimmte Lieder, die ich mal zu besorgen versuchen soll? Mit den Messdienern singe ich nach Ostern Es blühen drei Rosen auf einem Zweig und O Du mein Heiland. Beide zweistimmig.

Mit herzlichem Gruß bin ich in alter Treue Ihr

Kommen Sie bald in Urlaub!