Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 20. August 1943

O.U., am 20. August 43

Lieber Rudolf!

Seit einigen Tagen bin ich wieder in einer großen Stadt, auf einer unserer Nachrichtenstellen.

Der Dienst macht viel Freude, bietet viele Abwechslung. Die stelle hat wohl die größten technischen Anlagen, über die die Kompanie verfügt; damit ist mir Gelegenheit gegeben, für den etwa kommenden Lehrgang noch Vieles hinzuzulernen.

Mit der großen Stadt sind mir wieder viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung gegeben. Gestern lernte ich Edmund Vissen, einen Kpl. u. hiesigen San.-uffz. Aus D’dorf-Derendorf kennen. Heute Morgen wohnte ich dem hl. Opfer, das er feierte, bei; ab Morgen werde ich ihm ministrieren. Ich hoffe, daß aus dieser Begegnung auch unsere Kreisarbeit neue Anregung gewinnen wird, in der kommenden Woche wollen wir miteinander dorthin fahren. –

Zu dem neuen Schrieb schlug Rudi C. vor, daß jeder einen Schrieb über das Land, in dem wir stehen, zusammenstellt. Der Gedanke ist fein, doch halte ich es für wichtiger, daß wir manche religiöse Frage miteinander besprechen, das andere kann ja dann dazwischengenommen werden. Ich warte noch auf Deinen Vorschlag.

Du hast Recht mit dem, was Du von den Jungenswidrigkeiten meinst. Und trotzdem! Wir müssen um all derer, die draußen stehen, von den Jungen heute mehr als früher fordern. Wenn sie erfüllt sind von der Sache, dürfen solche Dinge einfach nicht geschehen.

Zur Frage Jungführer als Pfarrhelfer: Ich bin der festen Überzeugung, daß Fr. Karl Werner für uns verloren ist. Der Kerl wäre nur durch eine ganz starke Jungehand noch einmal selbst zu führen. Das fehlt unser Werner N.! Wir müssen uns halt so weiterhelfen, vor allem dem Hellmut immer wieder neuen Mut machen. In einem halben Jahr ist der Karl soweit, davon bin ich überzeugt.

Zu unserem geschäftlichen Teil:

Mit gleicher Post sende ich Dir heute wieder ein Buch: Georg Rend: Sebastian an der Straße. Ich hab’s gelesen, s’ wird unseren jüngsten Kerlen sicher Freude machen. Dieser Tage folgen Hans Dominik: „Land aus Feuer u. Wasser“ u. J.M.Velter: „Silber am Sandanaku“.

Ich freue mich auf Deinen nächsten Gruß.

Für heute herzlich Heil im Herrn

     Jochen

Sieh bitte einmal zu, ob Du die beiliegenden zurückgekommenen Briefe wiederbekommst. Dein Konto neigt sich zum „Soll“, s’sind noch etwa 8.- M.