Peter Haas an Kaplan Stiesch, 5. Oktober 1943
Felseralm, 5.10.43
Hochwürden!
Recht frohe Grüsse sende ich Ihnen aus den Bergen. Ich habe für 14 Tage meinen Aufenthaltsort gewechselt und nehme hier in den Tauern an einem Bergwanderlehrgang teil. Das ist mal eine Abwechslung im Dienst, wie ich sie mir schon immer wünschte. Schon die Fahrt von Wien aus durch die Gebirgstäler war einmalig schön. Unsere Hütte steht in 1650 m Höhe, ein Blockhaus wie wir es uns vor dem Krieg für unsere Zwecke schon immer gewünscht hatten. Auch die ganze Inneneinrichtung ist aus rohem Holz gezimmert. Da gehörten jetzt nur noch ein Haufen richtiger Kerle darein. Wie oft haben wir früher schon darüber nachgedacht, wie wir es anfangen könnten, ein solches Haus zu bauen. Werner schrieb mir in einem seiner letzten Briefe noch, er habe einen Kamerad der Architekt wäre, und der uns nach dem Krieg ein Blockhaus entwerfen würde. Überhaupt die ganze Gegend hier wäre dazu geeignet. Weit und breit kein Dorf, und eine Landschaft, wie sie der
beste Maler nicht malen kann.
Wir haben schon anständige Kletterpartien gemacht. Den höchsten Berg in dieser Gegend haben wir bestiegen mit 2455 m Höhe. Das war vielleicht eine halsbrecherische Tour. Aber Spass macht es, wenn man auch manchmal glaubt es ginge nicht mehr weiter. Dann gibt man sich einen inneren Ruck und den Beinen einen Stoss und schon geht es wieder. Nachher ist man denn doch ein bischen Stolz darauf, dass man etwas geleistet hat. Der Abstieg ist das Schönste aber auch Gefährlichste. An Geröllhalden kommt man vielleicht in Fahrt. Natürlich hatten wir auch einige Angsthasen dabei die grade ein wenig vom Gipfel weg waren während wir mit dem Bergführer schon die Hälfte des Berges hinter uns hatten. Die Aussicht von diesem Gipfel war einfach herrlich. Überm Tal unter uns eine dichte Wolkendecke. Darüber die in der Sonne glänzenden schneebedeckten Gipfel der Tauern und der Alpen. Ein Bild, das einen unwillkürlich an die Macht Gottes erinnert. Diese Tage haben mich ganz für die Bergwelt eingenommen; und in geregelten Zeiten wieder, werden die Berge öfter das Ziel in meinen Ferien sein.
Und nun grüssen Sie noch die Kameraden von mir in Treue!
Peter