Edmund Zingsheim an Kaplan Stiesch, 19. Oktober 1943

Im Felde, den 19.10.1943

Werter Herr Kaplan.

Einen herzl. Gruß aus dem Felde sendet Ihnen in alter Treue Edm. Zingsheim.

Da ich schon wider einen Monat in Russland bin, möchte ich die Gelegenheit nicht versäu-men, auch Ihnen ein paar kurze Zeilen zu senden. Leider ist es ja nicht mehr zu einem per-sönlichen Abschied gekommen, da ich die letzten Tage verreist war.

Inzwischen habe ich schon wieder manche harten und schwere Tage mitgemacht. Wie der Wehrmachtsbericht wohl gemeldet hat, wurden russ. Landeköpfe am westlichen Dnjepr ver-engt. Dazu haben auch wir angegriffen. Manchen Kamerad verliert man dabei und jedes Mal kommt einem der Gedanke, wann bist Du dabei. Jedesmal denkt man an die Kameraden zu Hause und an die andern, Willi Stupp, Franz Ley, Harald Breuning, Walter Vosen, Josef Gillen und die andern alle. Es ist schwer, so jung sterben zu sollen und es wäre zwecklos, würde

man es mit dem Geiste tun wie leider so viele. Der Glaube ist die beste Stütze in diesen schweren Tagen. Ich bin der Überzeugung, richtig beten, und das lernt man hier, lernt man erst, wenn man den Tod als Nebenmann hat, und man auf die Kugel wartet. Kommt man aus dem Kampf zurück, so betrachtet man die vor einem liegenden Tage direkt als neues Gottesgeschenk.

Mittlerweile bin ich nun Gefreiter geworden. Auch das Panzerkampfabzeichen wurde mir verliehen. Doch das sind Nebensächlichkeiten.

Was macht denn noch Bickendorf? Sind schon wieder neue Urlauber eingetroffen? Am Schönsten ist es doch noch immer daheim.

Für heute muß ich nun schließen. Entschuldigen Sie bitte die Schrift. Den Brief habe ich auf meiner Tabaksdose geschrieben.

Für heute grüßt Sie auf das herzlichste

Edmund Zingsheim